Hamburg, 09.07.2009 - Die Klage des Energiekonzerns Vattenfall gegen Deutschland vor dem für Investitionssicherheit zuständigen Schiedsgericht der Weltbank bedroht die künftige Umwelt- und Klimaschutzpolitik der Bundesrepublik. Das ist das Ergebnis einer Rechtsexpertise, die Greenpeace heute gemeinsam mit der Organisation WEED (World Economy, Ecology & Development) in Hamburg vorgestellt hat. Vattenfall klagt vor dem Schiedsgericht gegen Umweltauflagen für den Betrieb seines Kohlekraftwerkes in Hamburg-Moorburg und versucht so, nationale Gesetze auszuhebeln. Der Konzern beruft sich auf die internationale Energiecharta und beklagt rund 600 Millionen Euro Mehrkosten.
Deutschland muss sich zum ersten Mal vor dem Weltbank-Schiedsgericht verantworten. Nach der Rechtsexpertise könnte Vattenfalls Vorgehen dazu führen, dass bei künftigen Investitionsvorhaben notwendige Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen verhindert werden oder die dafür notwendigen Kosten vom Steuerzahler zu tragen sind. Greenpeace fordert Vattenfall auf, die Umweltauflagen zu erfüllen, anstatt Deutschland zu verklagen. Greenpeace und WEED fordern die Kündigung und Neuverhandlung solcher Investitionsverträge durch die Bundesregierung.
"Der schwedische Staatskonzern Vattenfall will aus reiner Profitgier deutsche Umweltauflagen aushebeln - das ist ein einzigartiger Vorgang", sagt Karsten Smid, Klimaexperte von Greenpeace. "Sollte Vattenfall mit seiner Klage Erfolg haben, könnte Deutschland wie auch andere Staaten künftig auf den Kosten sitzen bleiben, die Konzerne für Klima- und Umweltschutzmaßnahmen nicht zahlen wollen." Hintergrund des Streitfalls um das Kohlekraftwerk Moorburg sind die zusätzlichen Umweltauflagen des Hamburger Senats nach der Bildung einer schwarz-grünen Koalition im Februar 2008. Die Auflagen nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie verletzen nach Auffassung von Vattenfall die internationale Energiecharta, ein multilaterales Abkommen für den Energiesektor, dem Deutschland wie Schweden beigetreten sind.
"Der Vattenfall-Prozess bei der Weltbank zeigt auf drastische Weise, wie verantwortungslos es ist, transnationalen Konzernen Klagerechte außerhalb der nationalen staatlichen Rechtsprechung zu geben", sagt Peter Fuchs, Experte für Handels- und Investitionspolitik von WEED. "Dieser Prozess ist die Quittung für eine konzernfreundliche internationale Investitionspolitik, bei der die deutsche Bundesregierung leider weltweit führend ist. Kein Staat hat mehr Wirtschaftsabkommen abgeschlossen, in denen solche Klagerechte für Konzerne festgeschrieben sind."
Mit dem Festhalten am Bau des Kohlekraftwerkes und der Anfechtung von Umweltauflagen verstößt Vattenfall nach Auffassung von Greenpeace gegen die Leitsätze für multinationale Unternehmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Greenpeace wird deshalb eine Beschwerde beim zuständigen Bundeswirtschaftsministerium einreichen.
Über Greenpeace e.V.
Greenpeace arbeitet international, setzt sich mit direkten, gewaltfreien Aktionen für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen von Mensch und Natur und Gerechtigkeit für alle Lebewesen ein.
Das verwendete Bildmaterial steht 14 Tage nach Veröffentlichung zum Download für Medien zur Verfügung. Lieferbedingungen: keine Weitergabe an Dritte, kein Weiterverkauf, keine Archivierung, nur für redaktionelle Zwecke, Quellenangabe obligatorisch.
Kontaktdaten
-
- Pressestelle
- Allgemeine journalistische Anfragen, Erreichbarkeit montags bis freitags 9-14 Uhr
- presse@greenpeace.de
- 040-30618340
-
- Fotoredaktion
-
Anfragen für Bilder //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - photo@greenpeace.de
-
- Videodokumentation
-
Anfragen für Videomaterial //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - video@greenpeace.de
Link kopieren
https://presseportal.greenpeace.de/206472-vattenfall-finanzklage-bedroht-umwelt-und-klimaschutzpolitik-in-deutschlandVerwandte Themen
Verwandte Presseaussendungen
Greenpeace Stellungnahme zu dem EU-Klimaziel 2040
Heute hat die EU-Kommission ihr Zwischenziel für 2040 präsentiert. Dieses sieht unter anderem eine Reduktion der Emissionen um 90 Prozent zum Vergleichsjahr 1990 vor. Bundeskanzler Merz müsse jetzt...
Greenpeace-Aktive protestieren bundesweit in 28 Städten gegen klimaschädliche Fleischproduktion bei Edeka
Mit A1-formatigen Fotoschildern mit der Aufschrift “Tatort Edeka-Stall” protestieren Greenpeace-Aktive an diesem Samstag deutschlandweit vor 28 Edeka-Filialen gegen Tierleid und klimaschädliche Fle...
Greenpeace zu den heute endenden Klimaverhandlungen in Bonn
Die heute endenden UN-Klimaverhandlungen in Bonn bleiben weiter hinter dem nötigen Fortschritt zurück.
Greenpeace-Aktive kennzeichnen Edeka-Fleischwerk als Tatort
Insgesamt 35 Greenpeace-Aktivist:innen kennzeichnen heute das Edeka-Fleischwerk “Nordfrische Center” in Lüttow-Valluhn als Tatort.
Weltflüchtlingstag: Protest auf der Spree für Schutz von Geflüchteten
Greenpeace und Amnesty International fordern gemeinsam sichere Fluchtwege, Menschenrechte für alle und konsequenten Klimaschutz gegen Fluchtursachen