Hamburg, 24.09.2010 - Die unabhängige Umweltorganisation Greenpeace will gemeinsam mit Anwohnern gegen die von der Bundesregierung geplante Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke Klage beim Bundesverfassungsgericht einreichen. Greenpeace sieht durch die von Schwarz-Gelb vorgesehene Schwächung des Atomgesetzes und der AKW-Laufzeitverlängerung das im Grundgesetz garantierte Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit verletzt. Das Risiko eines katastrophalen Reaktorunfalls durch einen Flugzeugabsturz oder den Beschuss mit panzerbrechenden Waffen kann nicht ausgeschlossen werden.
Wie Greenpeace errechnet hat, fallen zudem Tausende Tonnen hochradioaktiver Atommüll zusätzlich an. Die Endlagerung von hochradioaktivem Abfall ist jedoch ungeklärt. Greenpeace klagt derzeit wegen Terrorgefahr auf Widerruf der Betriebsgenehmigung für sechs der ältesten Atomreaktoren (Biblis A und B, Isar 1, Krümmel, Brunsbüttel und Philippsburg).
'Allein die Konzerne profitieren von längeren Atomlaufzeiten. Das Risiko jedoch trägt die Allgemeinheit - das kann mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sein', sagt Tobias Riedl, Atomexperte bei Greenpeace. 'Es gibt keine andere Industrie, die derart hoch gefährliche Anlagen betreiben darf und ungehindert den gefährlichsten Müll der Welt produziert. Eine sichere Entsorgung des radioaktiven Abfalls ist nicht in Sicht.'
Gegen die geplante Novellierung des Atomgesetzes wollen die Kläger anführen, dass die 17 deutschen Reaktoren grundlegende Sicherheitsmängel aufweisen. Kein Atomreaktor könnte dem Absturz eines großen Passagierflugzeuges standhalten. Die sieben ältesten Reaktoren verfügen zudem nur über einen geringen Schutz gegen den Absturz auch kleinerer Flugzeuge. Auch gegen einen Terrorangriff mit konventionellen Waffensystemen wären alle Anlagen ungeschützt. Dieser könnte vom Boden aus erfolgen.
Ein weiteres Grundrechtsproblem stellt nach Meinung von Greenpeace die ungelöste Frage der Endlagerung von Atommüll dar. Ein Endlager für hochradioaktiven Abfall müsste für eine Million Jahre sicher sein. Eine Lösung, die den erforderlichen Anforderungen Rechnung trägt, existiert nicht. Es ist längst bewiesen, dass der Salzstock in Gorleben nicht zur Endlagerung von Atommüll geeignet ist', sagt Riedl. 'Gorleben ist ein Trugbild, mit dem Gerichte und Gesellschaft getäuscht werden.'
Die Bundesländer Bremen und Nordrhein-Westfalen haben ebenfalls Verfassungsklage gegen die geplante Änderung des Atomgesetzes angekündigt. Sie stützen sich dabei auf die offenbar von der Bundesregierung beabsichtigte Umgehung des Bundesrates im gesetzgebenden Verfahren.
Der Absturz eines Verkehrsflugzeugs auf ein Atomkraftwerk war vor dem 11. September 2001 ein in den Köpfen der Verantwortlichen nahezu nichtexistenter Risikofaktor. Nicht nur Atomkraftwerks-Betreiber, auch Vertreter von Sachverständigenorganisationen hatten ein solches Ereignis unter ‚extrem unwahrscheinlich‘ abgelegt.
Über Greenpeace e.V.
Greenpeace arbeitet international, setzt sich mit direkten, gewaltfreien Aktionen für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen von Mensch und Natur und Gerechtigkeit für alle Lebewesen ein.
Das verwendete Bildmaterial steht 14 Tage nach Veröffentlichung zum Download für Medien zur Verfügung. Lieferbedingungen: keine Weitergabe an Dritte, kein Weiterverkauf, keine Archivierung, nur für redaktionelle Zwecke, Quellenangabe obligatorisch.
Kontaktdaten
-
- Pressestelle
- Allgemeine journalistische Anfragen, Erreichbarkeit montags bis freitags 9-14 Uhr
- presse@greenpeace.de
- 040-30618340
-
- Fotoredaktion
-
Anfragen für Bilder //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - photo@greenpeace.de
-
- Videodokumentation
-
Anfragen für Videomaterial //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - video@greenpeace.de
Link kopieren
https://presseportal.greenpeace.de/207283-greenpeace-kundigt-verfassungsbeschwerde-gegen-laufzeitverlangerung-an/Verwandte Themen
Verwandte Presseaussendungen
Greenpeace-Aktivist:innen protestieren vor dem Bohrturm in Reichling: “Gas stoppen”!
An Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger richteten sie mit dem Protest in Reichling die Forderung, die Konzession für die Bohrfirma nicht zu verlängern.
Gasbohrung vor Borkum: Vertrag mit Niederlanden verstößt gegen Grundgesetz und Völkerrecht
Der Vertrag zwischen Deutschland und den Niederlanden zur grenzüberschreitenden Erdgasausbeutung vor der Nordseeinsel Borkum ist verfassungs- und völkerrechtswidrig. Er verstößt sowohl gegen das Pa...
Greenpeace-Stellungnahme zum Bohrbeginn in Reichling
Im oberbayerischen Reichling hat die Gasbohrung begonnen. Das hat die Regierung von Oberbayern bestätigt. Saskia Reinbeck, Klimaschutzexpertin von Greenpeace Bayern, fordert Bayerns Wirtschaftsmini...
Braunkohlekonzern Leag: Analyse warnt vor Finanzierungslücken bei der Rekultivierung der Tagebaue
Der Konzernumbau beim Lausitzer Energiekonzern Leag verschiebt Milliardenrisiken aus dem Braunkohlegeschäft auf die Allgemeinheit, so eine Analyse des Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS)...
Greenpeace-Stellungnahme zu bevorstehender Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes
Sophia van Vügt, Greenpeace-Expertin für Klima- und Energiepolitik, bestreitet, dass CCS dem Klimaschutz hilft.