Berlin, 10.04.2006 - Wegen mangelhafter Arbeit der deutschen Lebensmittelüberwachung werden Verbraucher schlecht vor pestizidbelasteten Lebensmitteln geschützt. Zu diesem Ergebnis kommt die heute vorgestellte Greenpeace-Studie Pestizide außer Kontrolle II. Die Studie zeigt: Die Länder kontrollieren zu selten, die staatlichen Untersuchungslabore sind meistens nicht auf dem notwendigen technisch-wissenschaftlichen Stand und nur sechs Bundesländer sorgen für Verbrauchertransparenz, in dem sie aktuelle Untersuchungsergebnisse im Internet veröffentlichen. Greenpeace übergibt die Studie und 65.000 Protestpostkarten von Verbrauchern am Vormittag Verbraucherminister Horst Seehofer (CSU). Die Unterzeichner fordern von Seehofer und den Agrarministern der Länder wirksame Kontrollen und Lebensmittel ohne Pestizidbelastung.
"Obst und Gemüse enthalten Jahr für Jahr mehr Pestizid-Rückstände", sagt Manfred Krautter, Chemieexperte von Greenpeace. "Politiker und Behörden müssen diesen schleichenden Lebensmittelskandal endlich bekämpfen." Greenpeace fordert intensivere Kontrollen, eine bessere Personal- und Laborausstattung sowie wirksame Strafen für Lebensmittelhersteller- und händler, die nicht verkehrsfähiges Obst und Gemüse mit hoher Giftbelastung verkaufen.
"Die Behörden decken durch ihr Nichtstun die schwarzen Schafe im Lebensmittelhandel. Wer gegen das Lebensmittelgesetz verstößt muss nicht nur wirksam bestraft, sondern auch öffentlich benannt werden", fordert Krautter. "Nur dann erfahren die Verbraucher, wer gute und wer schlechte Lebensmittel verkauft." Nach dem von Minister Seehofer vorgelegten Entwurf für ein Verbraucherinformationsgesetz sind die Behörden jedoch auch in Zukunft nicht verpflichtet, Überschreitungen der maximal zulässigen Pestizidbelastungen zu veröffentlichen.
Als ausreichend werden die Kontrollen pestizidbelasteter Lebensmittel nur in Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg und Niedersachsen bewertet. Alle anderen Bundesländer erhielten die Note mangelhaft. Bereits im Jahr 2003 hatte Greenpeace eine vergleichbare Studie veröffentlicht. Die deutsche Lebensmittelüberwachung hat sich seither nicht verbessert. Zudem haben die Länder die Arbeit an der aktuellen Studie massiv behindert: Auskünfte auf Anfragen wurden verweigert. Greenpeace hatte daher im Dezember 2005 Klage gegen die Bundesländer wegen des Verstoßes gegen das Umweltinformationsgesetz (UIG) eingereicht. Nach dem UIG müssen die Behörden Informationen über Verunreinigungen in Lebensmitteln veröffentlichen.
Die meisten Überwachungsbehörden werden selbst dann nicht tätig, wenn sie eindeutige Hinweise auf Verstöße erhalten. So meldete Greenpeace im November 2005 nach eigenen Tests von Obst und Gemüse 48 Proben mit Überschreitungen der gesetzlichen Pestizidhöchstmengen bei den zuständigen Behörden. Die erstatteten Anzeigen blieben in der Regel ohne Konsequenz: Bis heute verweigern die Behörden in 20 Fällen eine Antwort über die Verfolgung der Anzeigen. In elf weiteren Fällen wurden keine Ermittlungen aufgenommen, obwohl den Behörden detaillierte Dokumente der Probenahme zur Verfügung gestellt wurden. Lediglich 17 Mal wurden Ermittlungen aufgenommen, bisher aber ohne Folgemaßnahmen.
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