Berlin, 3. 9. 2002 – Nach Ansicht von Greenpeace scheiterte der Diskurs zur Grünen Gentechnik, den Bundesministerin Renate Künast (Grüne) heute in Berlin offiziell beendet, an den kommerziellen Interessen der Gentech- und Saatgut-Industrie. Diese stritt während des Diskurses dafür, herkömmliches Saatgut mit Gen-Konstrukten in Höhe von einem Prozent verunreinigen zu können. Auch nicht genehmigte und nur zu Testzwecken freigesetzte Gen-Pflanzen sollen nach ihren Vorstellungen als Verunreinigung zulässig sein. Zudem weigerte sich die Industrie, vor einem großflächigen kommerziellen Anbau von genmanipulierten Pflanzen zu regeln, wer für Schadensfälle wie die gentechnische Verunreinigung von Nachbarfeldern haftet.
"Die Politik muss sich entscheiden: Agrarwende oder Gentech-Landwirtschaft", sagt Henning Strodthoff, Gentechnik-Experte von Greenpeace. "Die Gen-Industrie will einen Freibrief zur Verunreinigung des Saatguts und will so Bauern und Verbrauchern die Gentechnik unterschieben. Doch die große Mehrheit der Verbraucher und Landwirte will keine Gentechnik auf dem Acker und im Essen. Gleichzeitig scheut die Gen-Industrie Regeln zur Haftung wie der Teufel das Weihwasser."
Greenpeace hat heute Bundesministerin Künast auf der Abschlussveranstaltung des Diskurses zusammen mit der Zukunftsstiftung Landwirtschaft die Petition Save our Seeds (Rettet unser Saatgut) überreicht. Sie wurde von 100 Verbänden und über 30.000 Einzelpersonen unterschrieben. Die Petition richtet sich gegen die von der EU-Kommission vorgeschlagene Richtlinie (SANCO/1542/02), die eine Verunreinigung von Saatgut mit gentechnisch veränderten Organismen zulässt. Der Vorschlag sieht vor, dass 0,3 bis 0,7 Prozent des Saatguts gentechnisch verunreinigt sein dürfen, ohne die Saatgut-Verpackung zu kennzeichnen. "Wenn schon in jedem Sack Mais-Saatgut jedes zweihundertste Korn genmanipuliert ist, besteht die Gefahr, das künftig alle Lebensmittel und jedes Tierfutter verunreinigt sind. Dagegen muss Ministerin Künast vorgehen", fordert Henning Strodthoff.
Greenpeace fordert zudem, das Verursacherprinzip einzuhalten: Wer genmanipuliertes Saatgut oder Gen-Pflanzen auf den Markt bringt, muss für daraus entstehende Schäden haften. Schäden können zum Beispiel entstehen, wenn durch Pollenflug benachbarte Felder verunreinigt werden. Die Firmen, die künstliche Gen-Konstrukte vermarkten wollen, müssen deshalb einen Fonds einrichten, aus dem Schäden gezahlt werden können.
Das Verbraucherministerium wollte in dem Diskurs alle beteiligten gesellschaftlichen Gruppen an einen Tisch bringen, Argumente für und gegen die Gentechnik in der Landwirtschaft und in Lebensmitteln diskutieren und Handlungsoptionen empfehlen. Beteiligt waren über 30 Organisationen: die Verbände der Gentech-Industrie, des Lebensmittelhandels, der Bauern, Gewerkschaften sowie Entwicklungshilfe-, Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen.
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