Die Rüstungsindustrie und andere Akteur:innen nehmen weiterhin im problematischen Maße Einfluss auf das Beschaffungswesen der Bundeswehr – das in der Folge unwirtschaftlich bleibt. Das zeigt eine aktuelle Studie von Prof. Michael Brzoska (Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik, Universität Hamburg) im Auftrag von Greenpeace. Die Untersuchung empfiehlt unter anderem, dass Abgeordnete aus Wahlkreisen mit hoher Abhängigkeit von Rüstungsaufträgen nicht mehr dem Haushalts- oder Verteidigungsausschuss angehören dürfen. Wenn kommende Woche der Haushaltsausschuss über die Mittelzuteilung berät, entscheiden auch Politiker:innen aus solchen Wahlkreisen mit.
Man kann nicht gerade die Abgeordneten über milliardenschwere Rüstungskäufe entscheiden lassen, deren Wiederwahl davon abhängt, diese Milliarden in ihren Wahlkreis zu lenken. Der Bundestag muss solche klaren Interessenskonflikte verhindern.Alexander Lurz, Greenpeace-Experte für Frieden und Abrüstung
Bereits 2022 hatte Brzoska festgestellt, dass bei der Beschaffung von Großwaffensystemen für die Bundeswehr in den letzten Jahren unnötige Zusatzkosten zwischen 35 und 45 Prozent angefallen sind. Überträgt man diesen Verschwendungsfaktor auf das 100-Milliarden-„Sondervermögen“, ergäbe sich ein Verlust von 26 bis 35 Milliarden Euro. Greenpeace hat nun aktuell untersuchen lassen, ob sich die Beschaffung seitdem verbessert hat.
Der Befund ist gemischt. Einige Felder zeigen Verbesserungen, etwa durch mehr Ankäufe bestehender Systeme. Andere bleiben beharrlich ineffizient. Brzoska kritisiert insbesondere die Besserstellung deutscher Rüstungshersteller, politisch motivierte Gemeinschaftsvorhaben mit anderen Staaten und lokale Interessen einzelner Politiker:innen. Notwendig sei daher unter anderem mehr Transparenz über die Wirtschaftlichkeit von Beschaffungen und mehr parlamentarische Kontrolle. Dazu muss beispielsweise der Kreis der geschützten Schlüsseltechnologien verkleinert werden.
2024 sollen alle Bundesministerien sparen, aber für Verteidigung wird der Etat sogar nochmals weiter erhöht. Angesichts dessen, was alles in Zukunft nicht ausreichend finanziert werden kann – von den Goethe-Instituten über die Kindergrundsicherung bis hin zu humanitärer Hilfe – ist es nicht haltbar, wenn die Bundeswehr weiter Milliarden verschleudern darf.Alexander Lurz, Greenpeace-Experte für Frieden und Abrüstung
Für eine nachhaltige Friedenssicherung sieht Greenpeace das Konzept der menschlichen Sicherheit (UN-Resolution 66/290) als entscheidend an, das auch Soziales, Bildung, Natur- und Klimaschutz umfasst.
Über Greenpeace e.V.
Greenpeace arbeitet international, setzt sich mit direkten, gewaltfreien Aktionen für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen von Mensch und Natur und Gerechtigkeit für alle Lebewesen ein.
Das verwendete Bildmaterial steht 14 Tage nach Veröffentlichung zum Download für Medien zur Verfügung. Lieferbedingungen: keine Weitergabe an Dritte, kein Weiterverkauf, keine Archivierung, nur für redaktionelle Zwecke, Quellenangabe obligatorisch.
Kontaktdaten
-
vCard herunterladen
- Alexander Lurz
- Experte für Frieden und Abrüstung
- alexander.lurz@greenpeace.org
- 0175-3454113
Link kopieren
https://presseportal.greenpeace.de/231969-studie-beschaffungswesen-der-bundeswehr-ist-weiterhin-unwirtschaftlich/Verwandte Themen
Verwandte Presseaussendungen
Greenpeace zum neuen Wehrdienstgesetz
Nach langen Verhandlungen soll heute im Bundestag das Wehrdienstmodernisierungsgesetz beschlossen werden.
Solarkraft für mehr Energiesicherheit: erste Installationen zur Versorgung von Krankenhäusern in der Ukraine gestartet
Greenpeace Ukraine und die deutsche Biohaus-Stiftung unterstützen bei der Installation einer neuen Solaranlage im Zentralkrankenhaus von Nadwirna (Region Iwano-Frankiwsk) – ein Projekt, das die Ver...
Greenpeace zur Einigung der Wehrpflicht
Nach wochenlangen Verhandlungen haben sich das Verteidigungsministerium und die Regierungsfraktionen auf einen Kompromiss zum Wehrdienstmodernisierungsgesetz (WDModG) geeinigt.
Greenpeace zeigt mit Simulation : Havarie des Öltankers “Eventin” hätte Ostsee-Ökosysteme schwer beschädigt
Eine Havarie des russischen Öltankers “Eventin”, der im vergangenen Januar stundenlang manövrierunfähig vor der Insel Rügen trieb, hätte die Küsten der Ostseeanrainerstaaten ökologisch schwer besch...
Bundeswehr-Stiefel vor dem Bundestag – Greenpeace Jugend sagt Nein zur Wehrpflicht
Vor der heutigen Sachverständigenanhörung zum Wehrdienstgesetz im Bundestag protestieren Jugendliche von Greenpeace vor dem Paul-Löbe-Haus in Berlin gegen die geplante Rückkehr zur Wehrpflicht.