Berlin, 11.04.2012 - Die vier Atomkonzerne in Deutschland können sich aus der finanziellen Verantwortung für die Entsorgung ihrer Atomkraftwerke stehlen, wenn im Jahr 2022 der letzte Meiler vom Netz geht. Dies belegt eine aktuelle Studie von Greenpeace und dem Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS).
Für den Rückbau der AKW und die Entsorgung des Atommülls werden laut Studie mindestens 34 Milliarden Euro benötigt. 'Die Bundesregierung muss die Steuerzahler vor einem finanziellen Desaster schützen und die Kostenübernahme der Konzerne gesetzlich regeln', sagt Thomas Breuer, Leiter des Klima- und Energiebereichs von Greenpeace.
RWE, E.on, EnBW und Vattenfall haben zwar entsprechende Rückstellungen in ihren Bilanzen gebildet. Problematisch könnte es aber werden, sollten künftig weitere Kosten anfallen. Die Energiekonzerne müssen lediglich bis zum Jahr 2022 für säumige Zahlungen ihrer Kraftwerkstöchter einstehen. Danach können sie ihre Verpflichtungen gegenüber den AKW-Tochtergesellschaften kündigen. 'Die Rückstellungen sind nicht insolvenzsicher und sie verschaffen den Konzernen Wettbewerbsvorteile', sagt Thomas Breuer. Die turbulente Wertentwicklung der Aktien an den Wertpapierbörsen zeigt, dass es sich bei den Energiekonzernen um hochspekulative Unternehmen handelt.
Die unabhängige Umweltschutzorganisation Greenpeace und das FÖS fordern einen öffentlich-rechtlichen Fonds, in den die langfristig insbesondere für die atomare Endlagerung benötigten Rückstellungen fließen sollen. Rückstellungen, die bis zum Jahr 2040 vor allem für den AKW-Rückbau gebraucht werden, verbleiben bei den Atomkonzernen.
Insgesamt sollte die finanzielle Vorsorge für AKW-Rückbau und Entsorgung 44 Milliarden Euro betragen. Denn Erfahrungen mit Großprojekten zeigen, dass die Kosten häufig aus dem Ruder laufen. Hinzu kommt das Risiko, dass bei einem atomaren Endlager eine Bergung oder Sanierung und eventuell sogar ein neues Endlager erforderlich werden kann. Diese enormen Kostenrisiken erfordern eine zusätzliche Risikorücklage von mindestens zehn Milliarden Euro. Die bisher bei den Atomkonzernen bilanzierten Mittel könnten unter Berücksichtigung der Verzinsung dafür ausreichen. Genauere Abschätzungen sind jedoch erst dann möglich, wenn die Konzerne die Transparenz über ihre Atomrückstellungen deutlich verbessern.
'Die Konzerne sollten dazu verpflichtet werden, ihre Rückstellungen pro Kraftwerk und differenziert nach den unterschiedlichen Verpflichtungen darzustellen. Der Staat sollte diese Angaben überprüfen', sagte Bettina Meyer, Mitglied des Vorstandes der FÖS.
Über Greenpeace e.V.
Greenpeace arbeitet international, setzt sich mit direkten, gewaltfreien Aktionen für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen von Mensch und Natur und Gerechtigkeit für alle Lebewesen ein.
Das verwendete Bildmaterial steht 14 Tage nach Veröffentlichung zum Download für Medien zur Verfügung. Lieferbedingungen: keine Weitergabe an Dritte, kein Weiterverkauf, keine Archivierung, nur für redaktionelle Zwecke, Quellenangabe obligatorisch.
Kontaktdaten
-
- Pressestelle
- Allgemeine journalistische Anfragen, Erreichbarkeit montags bis freitags 9-14 Uhr
- presse@greenpeace.de
- 040-30618340
-
- Fotoredaktion
-
Anfragen für Bilder //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - photo@greenpeace.de
-
- Videodokumentation
-
Anfragen für Videomaterial //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - video@greenpeace.de
Link kopieren
https://presseportal.greenpeace.de/207729-akw-entsorgung-atomkonzerne-konnen-sich-langfristig-vor-kosten-drucken/Verwandte Themen
Verwandte Presseaussendungen
Greenpeace-Aktivist:innen protestieren vor dem Bohrturm in Reichling: “Gas stoppen”!
An Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger richteten sie mit dem Protest in Reichling die Forderung, die Konzession für die Bohrfirma nicht zu verlängern.
Gasbohrung vor Borkum: Vertrag mit Niederlanden verstößt gegen Grundgesetz und Völkerrecht
Der Vertrag zwischen Deutschland und den Niederlanden zur grenzüberschreitenden Erdgasausbeutung vor der Nordseeinsel Borkum ist verfassungs- und völkerrechtswidrig. Er verstößt sowohl gegen das Pa...
Greenpeace-Stellungnahme zum Bohrbeginn in Reichling
Im oberbayerischen Reichling hat die Gasbohrung begonnen. Das hat die Regierung von Oberbayern bestätigt. Saskia Reinbeck, Klimaschutzexpertin von Greenpeace Bayern, fordert Bayerns Wirtschaftsmini...
Braunkohlekonzern Leag: Analyse warnt vor Finanzierungslücken bei der Rekultivierung der Tagebaue
Der Konzernumbau beim Lausitzer Energiekonzern Leag verschiebt Milliardenrisiken aus dem Braunkohlegeschäft auf die Allgemeinheit, so eine Analyse des Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS)...
Greenpeace-Stellungnahme zu bevorstehender Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes
Sophia van Vügt, Greenpeace-Expertin für Klima- und Energiepolitik, bestreitet, dass CCS dem Klimaschutz hilft.