Hamburg, 05.10.2010 - In einer nicht öffentlichen Kungelrunde wurden vergangene Woche die Sicherheitskriterien für ein Endlager so geändert, dass sie nun genau auf das umstrittene geplante Endlager in Gorleben passen. Nach Analyse der Änderungspunkte kritisiert Greenpeace, dass dadurch die Sicherheitsanforderungen sinken. Wie das Bundesumweltministerium gestern auf seiner Webseite bekannt gab, hat sich vergangenen Donnerstag der Länderausschuss für Atomenergie in einer Sondersitzung unter Ausschluss der Öffentlichkeit auf Änderungen der Regelungen geeinigt. In diesem Ausschuss sitzen nur Vertreter der fünf schwarz-gelben Atom-Bundesländer, den Vorsitz hat Gerald Hennenhöfer, Abteilungsleiter für Reaktorsicherheit. Greenpeace fordert, Sicherheitskriterien für Endlager nicht in Geheimverhandlungen zu entscheiden. Die Standards für die Lagerung von Atommüll müssen so hoch wie möglich sein und in einem demokratischen Verfahren endlich in Gesetze gegossen werden.
'Es ist skandalös! Schon wieder werden zu Atomfragen geheime Verhandlungen geführt, schon wieder wird das Parlament umgangen,' sagt Mathias Edler, Atomexperte von Greenpeace. 'Und schon wieder zieht Gerald Hennenhöfer, Cheflobbyist der Atomkonzerne im Bundesumweltministerium, dabei die Strippen. Der ehemalige E.ON Manager ist der wichtigste Brückenkopf der Atomindustrie in der Regierung. Er hat schon bei den Geheimverhandlungen zu den Laufzeitverlängerungen der Regierung die Feder geführt. Sieht Minister Röttgen eigentlich nicht, was hier passiert, oder deckt er seinen Abteilungsleiter? Es scheint, Röttgen läuft jetzt gänzlich an der Leine der Atomkonzerne - und das mit einem Maulkorb seiner Kanzlerin!'
Besonders auffällig sind zwei Punkte: Erstens wurde ein 'nachvollziehbar dokumentiertes Auswahlverfahren' nach wissenschaftlichen Kriterien gestrichen. Das heißt, die Regierung entledigt sich elegant des Problems, dass Gorleben aus politischen und eben nicht aus wissenschaftlichen Gründen als Endlagerstandort ausgewählt wurde. Greenpeace hat das bereits im April nachgewiesen. Zum zweiten wurde eine Passage geändert, die indirekte Auswirkungen darauf hat, ab wann die Öffentlichkeit nach einem atomrechtlichen Verfahren beteiligt werden müsse. Durch das Streichen des Begriffs Errichtungsphase könnte Gorleben ohne Beteiligung der Öffentlichkeit komplett ausgebaut werden. Erst ab der Einlagerung des ersten Atommülls wäre dann die Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich.
Andere Änderungen bewirken ein weiteres Absenken der Sicherheitsanforderungen: Zum Beispiel wurde der Begriff des Risikos eines Gesundheitsschadens durch radioaktive Stoffe gestrichen und allein durch Strahlendosiswerte ersetzt. Damit werden aber langlebige chemisch-toxische Gefahren unter den Tisch gekehrt. Außerdem ändert sich zum Beispiel etwas an der Haftungsfrage. Für Verpackung und Deklaration der radioaktiven Abfälle soll statt des Abfallverursachers, also der Atomkonzerne, künftig ein Ablieferungspflichtiger zuständig sein. Schadensersatzforderungen bei Havarien wie in der Asse könnten dann auf staatliche Entsorgungsfirmen und damit letztlich den Steuerzahler abgewälzt werden.
Über Greenpeace e.V.
Greenpeace arbeitet international, setzt sich mit direkten, gewaltfreien Aktionen für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen von Mensch und Natur und Gerechtigkeit für alle Lebewesen ein.
Das verwendete Bildmaterial steht 14 Tage nach Veröffentlichung zum Download für Medien zur Verfügung. Lieferbedingungen: keine Weitergabe an Dritte, kein Weiterverkauf, keine Archivierung, nur für redaktionelle Zwecke, Quellenangabe obligatorisch.
Kontaktdaten
-
- Pressestelle
- Allgemeine journalistische Anfragen, Erreichbarkeit montags bis freitags 9-14 Uhr
- presse@greenpeace.de
- 040-30618340
-
- Fotoredaktion
-
Anfragen für Bilder //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - photo@greenpeace.de
-
- Videodokumentation
-
Anfragen für Videomaterial //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - video@greenpeace.de
Link kopieren
https://presseportal.greenpeace.de/207252-geheimverhandlungen-zu-gorleben-gefahrden-offentliche-sicherheitVerwandte Themen
Verwandte Presseaussendungen
Greenpeace-Studie: Energiehunger von Künstlicher Intelligenz gefährdet Energiewende
Der Energiebedarf von KI-Anlagen gefährdet die Fortschritte der weltweiten Energiewende, so eine aktuelle Studie des Öko-Instituts im Auftrag von Greenpeace
Greenpeace-Stellungnahme zum vorerst abgewendeten Konkursverfahren von Nord Stream 2
Greenpeace-Energieexperte Karsten Smid warnt vor den ökologischen und geopolitischen Folgen der Inbetriebnahme von Nord Stream 2
Greenpeace-Stellungnahme zu EU-Maßnahmenpaket gegen russische Energieimporte
Die Europäische Kommission will Gasimporte aus Russland bis 2027 vollständig stoppen. Heute hat sie Maßnahmen angekündigt, mit denen sie dieses Ziel erreichen will.
1200 Menschen demonstrieren in Reichling gegen Gasbohrungen in Bayern
In Reichling haben 1200 Menschen gegen Gasbohrungen in Bayern protestiert. Fridays for Future, Bund Naturschutz, Greenpeace, Protect the Planet und die örtliche Bürgerinitiative hatte zu der Kundge...
Greenpeace-Studie: Speichervolumen von CO2-Endlagern in der Nordsee stark überschätzt
Die geplanten Endlager für Kohlenstoffdioxid in der Nordsee können nicht so viel klimaschädliches CO2 aufnehmen wie von der Politik in Aussicht gestellt, so eine aktuelle Studie von Greenpeace.