Greenpeace-Rechtsgutachten: Export der Hanauer Plutoniumfabrik möglicherweise strafbar

Juristen sehen gesetzlich keinen Ermessensspielraum für die Bundesregierung

Hamburg, 15. 12. 2003 – Wenn die Bundesregierung den Export der Plutoniumfabrik Hanau nach China genehmigt, macht sie sich möglicherweise strafbar. Das geht aus einem juristischen Kurzgutachten hervor, das die Hamburger Kanzlei Günther, Heidel, Wollenteit & Hack im Auftrag von Greenpeace erstellt hat. Das Gutachten weist nach, dass die Bundesregierung bei der Genehmigung des Exports keinen Ermessensspielraum hat: Sie muss den Antrag der Firma Siemens ablehnen - sonst verstößt sie gegen das Außenwirtschaftsgesetz und gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Greenpeace fordert die rot-grüne Regierung auf, sich an die bestehenden Gesetze zu halten und den Export umgehend abzulehnen.

„Bei Anlagen, die in irgendeiner Weise für die Herstellung von Atomwaffen nützlich sein können, ist der Gesetzgeber kompromisslos“, erklärt Rechtsanwalt Michael Günther. „Schon die bloße Möglichkeit der Waffenproduktion reicht, um eine Exportgenehmigung auszuschließen. So liegt der Fall zur Zeit bei der Hanauer Plutoniumfabrik.“

Nach dem Außenwirtschaftsgesetz (AWG) kann die Ausfuhr von Gegenständen nach „pflichtgemäßem Ermessen“ bereits dann beschränkt werden, wenn diese „bei der Entwicklung, Erzeugung ... von Waffen, Munition und Kriegsgerät (nur) nützlich“ sein können. Zwar sieht das AWG einen Ermessensspielraum vor. Dieser reduziert sich aber auf Null, wenn das Empfängerland in einem Krisengebiet liegt – wie China: Das Land steht im Konflikt mit seinen Nachbarn Taiwan und Indien.

Das Kriegswaffenkontrollgesetz lässt, wenn es um Atomwaffen geht, sogar überhaupt kein Ermessen mehr zu. Es verbietet bereits die entfernte „Förderung der Herstellung von Atomwaffen“. Dabei kann sich die Bundesregierung auch dann schon strafbar machen, wenn sie eine solche Förderung zwar nicht beabsichtigt, aber leichtfertig in Kauf nimmt. Ob ein Land – wie China – schon Atomwaffen besitzt, spielt juristisch keine Rolle.

„Vor diesem Hintergrund ist es mehr als Hohn, wenn die Bundesregierung behauptet, sie habe keinen Ermessens-Spielraum, den Export zu verweigern – Rot-Grün verdreht damit die Gesetzesbindungen in ihr Gegenteil“, kritisiert Greenpeace-Atomexpertin Susanne Ochse.

Die Hanauer Plutonium-Anlage ist bei der EU als so genanntes „Dual-Use“-Anlage eingestuft. Das heißt: Sie kann zweifach (dual) genutzt werden, sowohl zivil als auch militärisch. Deshalb würde eines der beiden genannten Gesetze allein bereits ausreichen, um den Export der Fabrik nach China zu untersagen. Daran ändert sich auch nichts, wenn China seine Atomanlagen unter die Kontrolle der Internationalen Atomenergiebehörde stellt. Sollte sich die Bundesregierung über diese Gesetze hinwegsetzen, müsste sie mit Ermittlungsverfahren rechnen.

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