Majak/Hamburg, 18.11.2010 - Flüssiger radioaktiver Abfall aus der geplanten Wiederaufarbeitung deutschen Atommülls könnte zukünftig in Russland in den Untergrund gepumpt werden. Die rechtliche Absicherung dieses Verfahrens durchläuft zurzeit den Gesetzgebungsprozess der russischen Staatsduma. Davon betroffen wären auch die abgebrannten Brennelemente des sächsischen Forschungsreaktors Rossendorf, die aus dem Zwischenlager Ahaus in die russische Atomanlage Majak transportiert werden sollen. Die unabhängige Umweltorganisation Greenpeace fordert die sofortige Offenlegung des geheimen Vertragsentwurfs zwischen der sächsischen Regierung und dem russischen Staatskonzern RosAtom. Auch der Staatsvertrag zwischen der Bundesregierung und der Regierung der Russischen Föderation soll veröffentlicht werden.
'Wir haben die Nase voll von Geheimverträgen zu Atomfragen. Atomminister Röttgen und das Land Sachsen müssen jetzt alle Papiere offen auf den Tisch legen', sagt Greenpeace-Atomexperte Tobias Münchmeyer. 'Atommüll in ein Land zu schicken, das radioaktive Abfälle einfach unter die Erde pumpt, ist wahnwitzig. Kein anderes Land der Erde geht so arglos mit Atommüll um wie Russland. Sächsischer Atommüll hat dort nichts zu suchen.'
Ausschließlich in Russland werden schon länger flüssige heiße Atomabfälle aus der Wiederaufarbeitung mit Pumpen in eine Tiefe von mehr als 200 Metern injiziert. Diese Praxis geschieht bisher in der Nähe der Atomanlagen von Tomsk, Dimitrowgrad und Krasnojarsk. Erst jetzt soll dieses Vorgehen im neuen Gesetz 'Über den Umgang mit radioaktiven Abfällen' rechtlich abgesichert werden. Dort heißt es: 'Die Lagerung flüssiger leicht- und mittelradioaktiver Abfälle in tiefengeologischen Schichten (Sammelbecken-Schichten) (...) ist ausschließlich an Punkten der Tiefenlagerung flüssiger radioaktiver Abfälle erlaubt, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes ausgerüstet und genutzt werden.' Die zweite Lesung dieses Gesetzes war für gestern geplant, wurde aber angesichts der Proteste in Russland und Deutschland gegen den geplanten Atommülltransport vertagt. Dennoch soll das Gesetz laut Regierungskreisen bis Ende 2010 verabschiedet werden.
Der geplante Transport von Ahaus nach Majak ist nach deutschem Recht illegal. Das deutsche Atomgesetz regelt in Paragraph 9a, dass radioaktiver Müll 'schadlos verwertet werden oder als radioaktive Abfälle geordnet beseitigt werden (direkte Endlagerung)' muss. Das schließt die in Majak beabsichtigte Wiederaufarbeitung der sächsischen Brennelemente aus. Darüber hinaus verstieße die Ausfuhr des Atommülls gegen den Grundsatz der Bundesregierung sowie der Vorgängerregierungen, beim Umgang mit Atommüll nach dem Prinzip der 'nationalen Verantwortung' zu verfahren.
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