Hamburg, 10. 5. 2015 – Deutschland kann 36 der ältesten Kohlekraftwerke sofort abschalten und dabei weiterhin eine sichere Stromversorgung garantieren. Die Bundesregierung würde mit diesem Schritt 70 Millionen Tonnen CO2 einsparen, ihre Klimaziele erreichen und den Strommarkt stärken. Das belegt eine aktuelle Studie von Energy Brainpool im Auftrag von Greenpeace. „Deutschland kann ohne Probleme die Notbremse bei der Kohleverstromung ziehen“, sagt Tobias Austrup, Energieexperte von Greenpeace. „Die Bundesregierung ginge damit einen konsequenten Schritt hin zu mehr Klimaschutz. Und sie würde die internationale Blamage vermeiden, die eigenen Klimaziele krachend zu verfehlen.“
Das Institut Energy Brainpool hat untersucht, wie der europäische Strommarkt reagierte, wenn die Konzerne die hiesigen Überkapazitäten bei Kohlekraftwerken umgehend reduzierten. Dafür simuliert die Studie, dass nicht benötigte, alte und CO2-intensive Kohlekraftwerke mit einer Leistung von insgesamt 15 Gigawatt (GW) aus dem Strommarkt in eine strategische Reserve wandern. 15 GW entsprechen beinahe der Hälfte aller deutschen Braunkohlekraftwerke und einem Fünftel der Steinkohlekraftwerke. Sie kämen nur dann zum Einsatz, wenn nicht genügend Strom am Markt verfügbar wäre. Im Jahr 2015 würden die Reservekraftwerke nach dem errechneten Szenario nicht gebraucht. Auch im Jahr 2023, in dem alle Atomkraftwerke abgeschaltet sind, werden lediglich vier Gigawatt Reservekraftwerke in sechs Stunden des Jahres benötigt. Das zeigt: Viele Kohlekraftwerke können direkt abgeschaltet werden und müssen nicht als Reserve vorgehalten werden.
Die Kohle-Notbremse ließe den Börsenstrompreis geringfügig ansteigen, so dass Gaskraftwerke wieder kostendeckend produzierten. Ihr Einsatz erhöhte sich laut Studie dementsprechend um 31 Prozent. Im Gegenzug käme es zu einer sinkenden gesetzlichen Umlage für die Erneuerbaren Energien (EEG-Umlage). Haushalte zahlten daher für ihren Strom unter dem Strich nur 0,6 Cent pro Kilowattstunde mehr.
Europaweit sänken die hohen deutschen Stromexporte und die -importe nach Deutschland nähmen zu. Die Bundesrepublik hätte so im Jahr 2015 eine ausgeglichene Import/Export-Bilanz. Europa sparte insgesamt 35 Millionen Tonnen CO2 ein. „Deutschland muss aufhören, seine Nachbarländer mit dreckigem Kohlestrom zu überfluten. Gleichzeitig braucht es dringend eine konsequente europaweite Energiewende“, sagt Austrup.
Über Greenpeace e.V.
Greenpeace arbeitet international, setzt sich mit direkten, gewaltfreien Aktionen für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen von Mensch und Natur und Gerechtigkeit für alle Lebewesen ein.
Kontaktdaten
-
- Cornelia Deppe-Burghardt
- Pressesprecherin Europäische Friedensarbeit
- cornelia.deppe-burghardt@greenpeace.org
- 0151-14533087
Link kopieren
https://presseportal.greenpeace.de/205712-greenpeace-studie-kohle-notbremse-spart-70-millionen-tonnen-co2Verwandte Themen
Verwandte Veröffentlichungen
Wasserstoff nicht verheizen: Verbände appellieren an Deutschlands Bürgermeister:innen
In einem offenen Brief warnen 217 Organisationen davor, Wasserstoff großflächig in der kommunalen Wärmeplanung einzuplanen.
Stellungnahme zum neuem Instrument der Klimaschutzverträge mit Unternehmen von Robert Habeck
Damit Klimaschutzverträge einen Beitrag zur Modernisierung der Industrie in der Klimakrise leisten können, dürfen sie nur Unternehmen fördern, die CO2 gar nicht erst entstehen lassen.
Stellungnahme zur Carbon-Manangement-Strategie von Wirtschaftsminister Robert Habeck
Künftig soll CO2 in der Nordsee verpresst werden können und ein grenzüberschreitender Handel mit CO2 erlaubt werden. Das sehen die von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorgestellten ...
Stellungnahme zu US-Präsident Bidens Ankündigung, LNG-Projekte vorerst zu stoppen
US-Präsident Joe Biden hat angekündigt, alle ausstehenden Exportgenehmigungen für Flüssiggas (LNG) auszusetzen, bis alle Projekte auf ihre Vereinbarkeit mit dem öffentlichen Interesse geprüft wurde...
Greenpeace findet weitere verborgene Steinriffe nahe Gasbohrprojekt vor Borkum
In dem Gebiet, in dem das Energieunternehmen One-Dyas in der Nordsee nach Gas bohren will, befinden sich mehr Steinriffe als bisher angenommen. Das belegt ein von Greenpeace in Auftrag gegebenes Gu...