Hamburg, 3. 5. 2018 – Greenpeace-Aktivisten protestieren heute beim schwimmenden russischen Atommeiler „Akademik Lomonosov“, der derzeit durch die deutsche Ostsee geschleppt wird. „Stoppt schwimmendes Tschernobyl – schützt die Arktis“ fordern die Umweltschützer auf einem Banner an Bord des Greenpeace-Schiffes Beluga 2. Die Beluga 2 begleitet den aus St. Petersburg stammenden AKW-Lastkahn auf seiner Fahrt nach Murmansk durch die Ostsee. Greenpeace kritisiert die mangelhaften Sicherheitsvorkehrungen an Bord und die Gefahr eines Atomunfalls auf See. „Auf einem kaum geschützten Ponton wird die Risikotechnologie Atom noch riskanter. Das ist Irrsinn“, sagt Greenpeace-Atomexperte Heinz Smital. Ohne eigenen Antrieb ist die schwimmende Konstruktion besonders anfällig für Stürme und raue See. Die zwei Reaktoren an Bord haben keine Betonhülle und würden höchstens dem Absturz eines Hubschraubers standhalten.
Das schwimmende Atomkraftwerk soll künftig Strom für die Ausbeutung von Öl- und Gasvorkommen in der Arktis liefern. Um die Reaktoren an ihrem entlegenen sibirischen Zielhafen Pewek betreiben zu können, ist auch ein atomares Zwischenlager für hochradioaktiven Atommüll auf dem Schiff. Abgebrannte Brennelemente sollen dort bis zu zwölf Jahre gelagert werden. „Das schraubt die Gefahr eines Atomunfalls auf ein unbekanntes Niveau“, sagt Smital. „Selbst Atom-U-Boote kommen zum Brennstoffwechsel in die Werft. Hoch radioaktiven Abfällen über viele Jahre an Bord zu lagern und zu wechseln, womöglich unter widrigsten arktischen Wetterbedingung, widerspricht jedem Sicherheitsdenken.“
Der Stapellauf der „Akademik Lomonosov“ gilt als Startsignal für eine weltweit neue nukleare Nutzung. Zum einen will Russland zukünftig mehrere Schwimmmeiler einsetzten, um territoriale Ansprüche zu sichern und die Öl- und Gasvorkommen in der Arktis auszubeuten. Diese werden in der Russischen Strategischen Energieplanung bis 2035 auf 90 Milliarden Tonnen Öl-Äquivalent geschätzt, fast 300-mal mehr, als das Brent-Ölfeld in der Nordsee seit 1975 geliefert hat. Auch enorme Mengen von Erdgas werden genannt: 74 Billionen Kubikmeter.
Der staatliche russische Betreiber „Rosatom“ plant zudem, mit den riskanten mobilen Meilern neue Kundenkreise zu erschließen. Laut russischen Medien haben 15 Länder, darunter China, Algerien, Indonesien, Malaysia und Argentinien Interesse an schwimmenden Anlagen gezeigt, um entlegene Regionen mit Strom zu versorgen oder fossile Rohstoffen auszubeuten. „Über alle Weltmeere könnten so in Zukunft schwimmende AKW mit hochradioaktiven Zwischenlagern schippern“, so Smital.
Über Greenpeace e.V.
Greenpeace arbeitet international, setzt sich mit direkten, gewaltfreien Aktionen für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen von Mensch und Natur und Gerechtigkeit für alle Lebewesen ein.
Das verwendete Bildmaterial steht 14 Tage nach Veröffentlichung zum Download für Medien zur Verfügung. Lieferbedingungen: keine Weitergabe an Dritte, kein Weiterverkauf, keine Archivierung, nur für redaktionelle Zwecke, Quellenangabe obligatorisch.
Kontaktdaten
-
vCard herunterladen
- Simone Miller
- Pressesprecherin Mobilität
- simone.miller@greenpeace.org
- 0171-8706647
Link kopieren
https://presseportal.greenpeace.de/205158-greenpeace-aktivisten-demonstrieren-bei-schwimmendem-atomkraftwerk-auf-der-ostsee/Verwandte Themen
Verwandte Presseaussendungen
Greenpeace zum anstehenden EU-Ratstreffen und dem EU-Klimaziel
Das im Koalitionsvertrag zugesagte Ziel, die Emissionen bis 2040 um 90 Prozent zu senken, muss Merz durchsetzen
Heizen mit Wasserstoff kann Kosten mehr als verdoppeln
Wer auf eine Wasserstoffheizung setzt, muss mit Heizkosten rechnen, die 74 bis 172 Prozent höher als die bisherige Gasrechnung liegen. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Fraunhofer-Studie im Auftra...
Greenpeace-Aktivist:innen protestieren in Zeebrügge gegen russische LNG-Importe
Mit überlebensgroßen Skulpturen des US-Präsidenten Donald Trump und des russischen Präsidenten Wladimir Putin protestieren mehr als 70 Greenpeace-Aktivist:innen aus 17 Ländern im Hafen von Zeebrügg...
Gasbohrung in Reichling: Konzessionsverlängerung verstößt gegen Verfassung und Völkerrecht
Bis zum 30.9.2025 muss Bayerns Wirtschaftsminister entscheiden, ob er die Konzession für die umstrittene Gasbohrung in Reichling verlängert. Greenpeace Bayern legt jetzt ein juristisches Kurzgutach...
Vor Fristablauf: Umweltverbände legen Eilantrag gegen Leag-Umstrukturierung vor
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), unterstützt von Greenpeace, hat wenige Wochen vor einem wichtigen Fristablauf einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Cottbus eingereicht, damit das zuständige Berga...