Hamburg, 23. 9. 2025 – Zentrale Elemente des geplanten Wehrpflichtgesetzes verstoßen gegen die Verfassung. Zu diesem Ergebnis kommt ein Rechtsgutachten im Auftrag von Greenpeace. Besonders problematisch ist der Plan, die Wehrpflicht auch ohne Spannungs- oder Verteidigungsfall per einfacher Rechtsverordnung wieder einzuführen. Das Gutachten betont, dass Entscheidungen mit solch tiefgreifenden Folgen für Grundrechte, Staat und Gesellschaft vom Parlament getroffen werden müssen und nicht der Regierung überlassen werden dürfen. Zudem verletzt der Entwurf das Bestimmtheitsgebot des Grundgesetzes: Es fehlen klare und überprüfbare Kriterien, wie die Definition einer „besonderen verteidigungspolitischen Lage“. Dadurch würde die Reaktivierung der Wehrpflicht ins freie Ermessen der Regierung fallen, ohne wirksame rechtliche Kontrolle.
Ende August hat die Bundesregierung den entsprechenden Gesetzentwurf zur Änderung des Wehrdienstes im Kabinett verabschiedet. In den kommenden Wochen soll der Bundestag darüber beraten. Offiziell soll der Entwurf den freiwilligen Wehrdienst stärken, faktisch eröffnet er jedoch den Weg zur Wiedereinsetzung der Wehrpflicht. „Die Bundesregierung darf nicht versuchen, die Wehrpflicht durch eine Hintertür und per Verordnung wieder einzuführen“, sagt Barbara Happe, Greenpeace-Expertin für Frieden und Abrüstung. „Eine so weitreichende Entscheidung muss in einem gesonderten Gesetzgebungsverfahren beschlossen werden – alles andere ist ein Angriff auf demokratische Grundsätze.“
Sollte die Wehrpflicht zurückkehren, plant die Bundesregierung ein Modell nach schwedischem Vorbild: Nur wenige junge Männer eines Jahrgangs sollen dienen. Doch das Rechtsgutachten zeigt: Eine solche eingeschränkte Wehrpflicht verletzt den Grundsatz der Wehrgerechtigkeit und verstößt damit gegen die Verfassung. „Der vorliegende Gesetzesentwurf untergräbt das Prinzip der Wehrgerechtigkeit. Statt einen verfassungsrechtlich fragwürdigen Zwangsdienst vorzubereiten, sollte die Bundesregierung auf strukturelle Reformen bei der Bundeswehr setzen und damit deren Effizienz und Attraktivität als Arbeitgeber erhöhen”, so Happe.
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