München, 22.9.2025 – Bis Ende des Monats muss Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) entscheiden, ob er die Konzession für die umstrittene Gasbohrung in Reichling verlängert. Eine Verlängerung würde allerdings gegen geltendes Recht verstoßen, argumentiert die Hamburger Rechtsanwältin Roda Verheyen in einem Kurzgutachten für Greenpeace Bayern. Das Gutachten erläutert, dass Minister Aiwanger gemäß Bundesberggesetz die Verlängerung verweigern kann und sie gemäß Verfassung und Völkerrecht sogar verweigern muss. Denn es besteht die Pflicht, die Erderwärmung auf das völkerrechtlich vereinbarte Maß zu begrenzen. Minister Aiwanger beruft sich bisher darauf, als Landesminister keinen Ermessensspielraum zu haben, es gebe einen Rechtsanspruch auf die Erteilung.
Das weltweit höchste Gericht hat diesen Sommer noch einmal klargestellt, dass Staaten andernfalls gegen das Völkerrecht verstoßen. Wir laufen schnurstracks auf Kipppunkte beim Klima zu. Werden sie überschritten, führt das zu katastrophalen Schäden. Wenn Hubert Aiwanger jetzt noch weitere Gasbohrungen genehmigt, handelt der Wirtschaftsminister unverantwortlich und bricht geltendes Recht.Saskia Reinbeck, Greenpeace-Klimaschutzexpertin
Hubert Aiwanger hatte die Suche nach Erdgas in Bayern vor drei Jahren genehmigt und das Vorhaben angesichts “explodierender Gaspreise” öffentlich begrüßt. Doch seither sind die Gaspreise massiv gesunken, Gas ist am Markt ausreichend vorhanden, es gibt keine Versorgungsprobleme mehr. Nach Erteilung der Bohrgenehmigung im Juli 2024 behauptete der Minister, “keine Möglichkeit” zu haben, eine solche Erlaubnis zu verweigern. Das widerlegt das Greenpeace-Gutachten: Aus Gründen des Allgemeinwohls kann eine Konzessions-Verlängerung gemäß Bundesberggesetz versagt werden. Laut Rechtsgutachten besteht sogar die Pflicht, keine weitere Verlängerung zu gewähren: Nach Grundgesetz-Artikel 20a und dem im Juli 2025 veröffentlichten Gutachten des Internationalen Gerichtshofs besteht die völkerrechtlich verbindliche “Verpflichtung zur Vermeidung irreversibler Schäden für Klima und Umwelt”. Das heißt: Die Verlängerung wäre rechtswidrig.
Die Bohrung in Reichling ist seit Mitte September beendet und hat eine Tiefe von 3310 Meter erreicht. Aussehend ist noch der sogenannte Fördertest, bei dem Vorkommen und Förderfähigkeit von fossilem Gas geprüft werden. Deshalb hat das Unternehmen eine Verlängerung der Erlaubnis um weitere zwei Jahre bis zum 30.9.2027 beantragt. Für die eigentliche Förderung müsste später eine Bewilligung beim Ministerium beantragt werden.
Es war ein Fehler, in- und ausländischen Investoren zu erlauben, zwischen Lech und Ammersee nach fossilem Gas zu bohren. Jetzt hat Minister Aiwanger die Chance, diesen politischen Irrweg aus dem Krisenjahr 2022 zu korrigieren und die Konzession für Reichling auslaufen zu lassen. Wir müssen unsere Abhängigkeit von fossilen Energien wie Erdgas und Kohle so schnell wie möglich beenden und die erneuerbaren Energien weiter ausbauen. Vor allem bei neuen Windkraftanlagen ist Bayern weiter das Schlusslicht unter den Flächenländern.Saskia Reinbeck, Greenpeace-Klimaschutzexpertin
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