Greenpeace-Studie: Geplante Atommeiler in der EU bergen hohe wirtschaftliche Risiken

Hamburg, 19. 06. 2024 - Die Finanzierung neuer Atomkraftprojekte in der EU ist mit hohen volkswirtschaftlichen Risiken verbunden. Das zeigt eine aktuelle Studie von Wissenschaftlern der Copenhagen School of Energy Infrastructure und der Technischen Universität Berlin im Auftrag von Greenpeace (https://act.gp/4en2ZwT). Diese Risiken sind insbesondere auf unkontrollierte Kostensteigerungen und massive Verzögerungen zurückzuführen: Der Reaktor Flamanville 3 in Frankreich etwa kostete mit 13,2 Milliarden viermal so viel wie erwartet, und der Bau dauerte 17 Jahre statt der geplanten 5. Hinzu kommen hohe Finanzierungskosten, die schwankende Akzeptanz in der Bevölkerung und geopolitische Faktoren, etwa die Abhängigkeit vieler EU-Länder von russischen Brennelementen. Die Studie vergleicht unterschiedliche Finanzierungsmodelle und kommt dabei zum gleichen Schluss: Der Staat muss bei Atomenergieprojekten immer wieder einspringen, um Finanzierungslücken zu schließen und geht dabei hohe wirtschaftliche Risiken ein.


Als Beispiele nennen die Autoren neben Flamanville 3 Projekte in China, Russland, Großbritannien und Finnland, deren Kosten und Bauzeit weit über dem veranschlagten Rahmen liegen. Das finanzielle Risiko tragen nicht die Betreiber, sondern die Bürger:innen.

Private Investoren machen einen großen Bogen um problemanfällige AKW-Projekte, die Risiken muss immer der Staat übernehmen. Die Studie zeigt, dass der deutsche Atomausstieg nicht nur aus Sicherheitsgründen unumgänglich war, sondern auch wirtschaftlich klug. Wind- und Solarenergie sind schon heute deutlich günstiger als Atomstrom, und ihre Kosten sinken weiter. Heinz Smital, Atomenergie-Experte von Greenpeace

Kleine modulare Reaktoren sind nicht weniger riskant

Greenpeace veröffentlicht die Studie vor der an diesem Freitag stattfindenden Generalversammlung der Europäischen Investitionsbank (EIB). Die Teilnehmenden, darunter auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), legen dort den strategischen Investitionsfahrplan für die Jahre 2024 bis 2027 fest. In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat die Europäische Investitionsbank 845 Millionen Euro in den Atomsektor investiert. Erstmals plant die EIB, auch die Entwicklung sogenannter kleiner modularer Reaktoren (“small module reactors”, kurz SMRs) zu unterstützen. “SMRs sind nicht besser als traditionelle Atommeiler”, sagt Smital. “Niemand kann absehen, ob sie wirtschaftlich rentabel sind. Auch bei ihnen besteht die Gefahr, dass radioaktives Material in die Umwelt gelangt, und sie produzieren ebenfalls Atommüll, der entsorgt werden muss.


Der Stimmenzuwachs für rechtspopulistische Parteien bei der EU-Wahl am 9. Juni bedeutet auch mehr Gewicht für die Atomkraftbefürworter:innen im Parlament. “Der Rechtsruck im EU-Parlament kann die Gefahren der Atomkraft zusätzlich erhöhen. Sie ist sogar dann schädlich, wenn kein Unfall passiert und wir die Ewigkeitslasten der Hochrisikotechnologie ausklammern”, sagt Heinz Smital. “Das hohe finanzielle Risiko tragen die Steuerzahlenden mit Geld, das dann beim Ausbau nachhaltiger Energiequellen oder sozialen Projekten fehlt.”

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