Greenpeace-Recherche: Enge und intransparente Verbindungen zwischen Bundestag und Rüstungsindustrie

Politik und Rüstungsindustrie sind in Deutschland deutlich enger verflochten als bisher bekannt – das ist das Ergebnis einer neuen von Greenpeace in Auftrag gegebenen Recherche. In der Untersuchung „Revolving Doors – wie Politik und Rüstungsindustrie gemeinsame Sache machen“ (Link: https://act.gp/47I7i25) zeigen die Autorinnen Anne Zetsche und Ingrid Knorr, wie Mitglieder des Bundestages enge Verbindungen zur Rüstungsindustrie pflegen. Sie identifizieren Think Tanks und bisher weitgehend unbekannte Lobbyagenturen als einflussreiche Akteure in der Sicherheitspolitik.

Politiker:innen wechseln mühelos vom Bundestag in die Lobbyarbeit, während Think Tanks die Politik und Öffentlichkeit im Sinne der Rüstungsindustrie beeinflussen. Mit diesem Netzwerk von Seitenwechsler:innen verschafft sich die Industrie inmitten einer Aufrüstungsdebatte ihre milliardenschweren staatlichen Aufträge. Greenpeace-Rechercheur Philip Steeg

Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Wolfgang Hellmich (SPD), Andreas Schwarz (SPD), Siemtje Möller (SPD) oder Henning Otte (CDU) haben eines gemeinsam: Sie und andere Mitglieder des Bundestages ebnen den Weg für die Interessen der Rüstungsindustrie in politischen Entscheidungszentren, indem sie sowohl für Organisationen der Rüstungsindustrie als auch im Parlament aktiv sind. Beispielsweise war der SPD-Politiker Andreas Schwarz Schirmherr eines Informationsabends des US-amerikanischen Rüstungskonzerns Lockheed Martin im Abgeordneten-Restaurant des Bundestags, bei dem für das Kampfflugzeug F-35 lobbyiert wurde.

Kaum Unabhängigkeit in der politischen Beratung

Fritz Felgentreu (SPD), Robert Hochbaum (CDU), Ex-BND-Präsident Gerhard Schindler oder der ehemalige Inspekteur der Luftwaffe Karl Müllner sind alle so genannte Seitenwechsler. Sie wechselten von Politik, Ministerien oder Militär als Lobbyisten zur Rüstungsindustrie und lobbyieren nun in deren Auftrag für den Kauf von Rüstungsgütern. So profitiert beispielsweise Concilius, eine politische Unternehmensberatung, von der Expertise des früheren SPD-Abgeordneten Fritz Felgentreu. Dadurch kann das Unternehmen politische Kompetenz und erstklassige Netzwerke für Kund:innen wie Raytheon, eines der weltweit größten Unternehmen im Bereich militärischer Luftfahrt, bereitstellen. Die Verflechtungen mit der Rüstungsbranche werden auch bei Friedrich30 deutlich, einer weiteren Beratungsagentur. Sie beschäftigt unter anderem den ehemaligen Geheimdienstchef Gerhard Schindler.

Auch Think Tanks spielen als Verbindungsglied zwischen Politik und Rüstungsindustrie eine zentrale Rolle. Schlüsselfiguren sind beispielsweise Thomas Enders, Christian Mölling oder Nico Lange. Insbesondere die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), eine der einflussreichsten außen- und sicherheitspolitischen Organisationen, ist eng mit der Rüstungsindustrie verflochten. So war beispielsweise DGAP-Präsident Thomas Enders zuvor Vorstandsvorsitzender der Airbus SE. Gleichzeitig hat Airbus allein im Geschäftsjahr 2016/2017 sowie den drei Jahre zuvor jeweils eine Geldsumme von mehr als 100.000 Euro an die DGAP gespendet. Von der Rheinmetall AG erhielt sie 2021/2022 zwischen 10.000 und 19.999 Euro.

Wir brauchen dringend eine Debatte über eine angemessene und unabhängige Sicherheitspolitik, die nicht in erster Linie Aufrüstungsinteressen bedient. Greenpeace-Rechercheur Philip Steeg

Die Recherche finden Sie unter:  https://www.greenpeace.de/publikationen/20231208_Recherche_Ruestung.pdf

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