Greenpeace-Bilanz: Klimapläne der Europäischen Zentralbank laufen ins Leere

Neue Studie zeigt: Dekarbonisierung der EZB-Bilanz trotz Inflationsbekämpfung möglich

Brüssel/Frankfurt, 26. Juli 2023 - Der Klimaaktionsplan der Europäischen Zentralbank (EZB) droht ein Jahr nach seinem Inkrafttreten kläglich zu scheitern. Zu diesem Ergebnis kommt die gemeinsame Studie “Broken Promises: The ECB's Widening Paris Gap” von Greenpeace, SOAS University of London, University of Greenwich und University of the West of England. Die Europäische Zentralbank hatte im Juli 2021 eine Klimastrategie angekündigt und ein Jahr später  konkrete Schritte beschlossen, um die Gewichtung von Unternehmen, die die Pariser Klimaziele untergraben, in ihrem Portfolio zu reduzieren. Seit diesem Monat kommen jedoch entgegen der beschlossenen Klimastrategie der EZB keinerlei Klima-Kriterien mehr zur Anwendung: Statt die klimaschädlichen Anleihen aktiv umzuschichten, lässt die EZB ihre Bestände passiv auslaufen. “Die Klimakrise eskaliert und der Klimaplan der EZB verschwindet in der Versenkung. Dieses unverantwortliche Handeln geht auf Kosten ihrer Glaubwürdigkeit”, sagt Dr. Mauricio Vargas, Finanzexperte von Greenpeace. Er fordert die Europäische Zentralbank auf, ihre geldpolitischen Instrumente an den Erfordernissen des Pariser Klimaabkommens auszurichten. “Die EZB muss Anleihenbestände großer Klimasünder wie ENI, TotalEnergies, Shell und BP sofort abbauen”, so Vargas. 

Bei der Dekarbonisierung des Finanzsystems in Europa spielt die Europäische Zentralbank mit ihrem enormen Anleihenportfolio von derzeit 340 Milliarden Euro eine Schlüsselrolle - ihre geldpolitischen Entscheidungen haben Signalwirkung über den Euroraum hinaus. Die neue Greenpeace-Studie belegt jedoch, dass mit der aktuellen Vorgehensweise noch in 15 Jahren klimaschädliche Anleihen fossiler Öl-Multis massiv im EZB-Portfolio übergewichtet sein werden, während klimafreundliche Geschäftsmodelle auf der Strecke bleiben. “Damit unterläuft die EZB aktiv die Klimaschutzbemühungen der EU”, sagt Vargas. Die Studien-Autor:innen schlagen daher eine “Green Unwinding"-Strategie (grüne Abwicklung) vor, um das Portfolio der EZB unter Berücksichtigung der hohen Inflation deutlich schneller zu dekarbonisieren. “Durch eine Schärfung ihres Klima-Ratings für Unternehmen und den aktiven Verkauf besonders klimaschädlicher Anleihen könnte die EZB ihren Kampf gegen die Inflation verstärken und gleichzeitig die Klimaziele der EU unterstützen”, so Vargas. 

EZB-Klimastrategie: als Tiger gesprungen, als Bettvorleger gelandet

Im Juli 2021 übernahm die Europäische Zentralbank nach öffentlicher Kritik erstmals Verantwortung für die Auswirkungen ihrer Geldpolitik auf die Klimakrise und verkündete eine konkrete Klimastrategie zur Dekarbonisierung ihrer geldpolitischen Interventionen. Mit einem Folgebeschluss im Juli 2022 sollten durch einen sogenannten Tiliting-Ansatz ab Oktober 2022 alle auslaufenden kontroversen Anleihen durch Anleihen von Emittenten mit einer besseren Klimabilanz ersetzt werden. Nur wenige Monate später stellt die EZB ihre Bemühungen vor dem Hintergrund der hohen Inflation komplett ein. Als unabhängige Umweltorganisation begleitet Greenpeace seit dem Jahr 2020 kritisch die strategische Neuausrichtung der EZB mit Analysen und Protestaktionen und fordert eine pariskonforme Geldpolitik der Notenbanken.

Zum englischen Report “Broken Promises: The ECB's Widening Paris Gap” (07/2023)” und zur deutschen Zusammenfassung.

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