München, 20. 1. 2005 - Das Patent EP 0705 902 auf das so genannte Gen für Brustkrebs BRCA1 wurde heute vom Europäischen Patentamt in München eingeschränkt. Während ursprünglich das gesamte Gen patentiert war, sind jetzt nur noch spezifische Genabschnitte betroffen, die in der Diagnose von erblichem Brustkrebs verwendet werden. Nach Ansicht von beteiligten Humangenetikern führt die Einschränkung dazu, dass die Gefahr einer umfassenden Monopolisierung der diagnostischen Verfahren in Europa dadurch erheblich reduziert ist.
“Die unglaublich umfassenden Patente auf ganze Gen-Familien, Pflanzen-Gattungen und Tierarten verursachen einen erheblichen Schaden für die gesamte Gesellschaft. Selbst wenn solche Patente später widerrufen werden, dauert es in der Regel Jahre, in denen vieles blockiert ist. Auch im aktuellen Fall müssen Patienten, Ärzte und das Gesundheitssystem noch wer weiß wie lange mit erheblichen Problemen rechnen, bis über das Patent endgültig entschieden ist”, kritisiert Christoph Then, Patent-Experte von Greenpeace, erneut die generelle Erteilungspraxis des Europäischen Patentamtes.
In Europa wurden bereits weit über 1.000 Patente auf Gene von Mensch und Tier erteilt, sowie einige hundert Patente auf Pflanzen, Saatgut und Tiere. In Zusammenhang mit den Patenten auf das sogenannte Gen für Brustkrebs BRCA 1 werden massive negative Auswirkungen für Patienten und Forschung in Europa befürchtet. Dazu gehören eine wesentliche Verteuerung der Tests, eine schlechtere medizinische Beratung, sowie Monopoleffekte, die die Entwicklung verbesserter diagnostischer Verfahren behindern. Es ist zu erwarten, dass gegen die heutige Entscheidung des Patentamtes von den Patentinhabern Beschwerde eingelegt wird.
Nach Ansicht von Greenpeace muss das Europäische Patentamt seine Erteilungspraxis auch deswegen ändern, um nicht im Widerspruch zum rechtlichen Rahmen von Mitgliedsstaaten wie Frankreich und Deutschland zu stehen, die in der Gesetzgebung inzwischen erhebliche Einschränkungen bei der Patentierung von Genen vorsehen. Diese Regelungen werden vom Europäischen Patentamt derzeit ignoriert. Auch die ethischen Grenzen der Patentierbarkeit werden in Europa derzeit unterschiedlich definiert. So herrscht Unklarheit darüber, inwieweit menschliche Embryonen patentiert werden können. Vor diesem Hintergrund fordert Greenpeace jetzt in einem offenen Brief an den Präsidenten des Europäischen Patentamtes einen sofortigen Stopp der Patenterteilungen bei Genen und Lebewesen.
Gegen das Patent EP 0705 902 hatten unter anderem Greenpeace, das Institut Curie, Humangenetiker sowie die Regierung der Niederlande Einspruch eingelegt. Das jetzt widerrufene Patent gehört zu insgesamt drei Patenten, die in Europa für die Firma Myriad auf das sogenannte Gen für Brustkrebs BRCA1 erteilt wurden. Eines davon - in dem diverse Verfahren zur Testung von erblichem Brustkrebs enthalten waren - wurde bereits im Mai 2004 widerrufen. Die Entscheidung über das dritte Patent wird nächste Woche in einer weiteren Verhandlung vom 24. bis 26. Januar fallen, in der Greenpeace ebenfalls vertreten ist. Soll die Gefahr einer weitreichenden Monopolisierung der Testverfahren abgewehrt werden, muss auch dieses Patent widerrufen oder erheblich eingeschränkt werden, fordert Greenpeace.
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