Hamburg/Köln, 10.06.2005 - Greenpeace hat sich vor dem Verwaltungsgericht Köln gegen den US-Saatgutkonzern Monsanto mit dem Anspruch auf Akteneinsicht zum genmanipulierten Mais MON 863 durchgesetzt. Laut heute veröffentlichtem Gerichtsbeschluss muss eine mehr als 1000 Seiten umfassende Studie über Gesundheitsschäden bei Ratten nach der Verfütterung dieses Gen-Mais jetzt veröffentlicht werden. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hatte im April 2005 nach Aufforderung durch Greenpeace die Freigabe der brisanten Studie beschlossen. Dagegen hatte Monsanto jedoch Einspruch vor dem Verwaltungsgericht eingelegt, der jetzt im Eilverfahren zurückgewiesen wurde.
"Das Kölner Gericht hat einen Präzedenzfall für die Informationsfreiheit geschaffen", sagt Gentechnikexperte Christoph Then von Greenpeace. "Monsanto ist mit seinem Versuch, den unliebsamen Untersuchungsbericht geheim zu halten, gescheitert. Ein wichtiger Erfolg für Greenpeace und die Verbraucher in Europa."
Die Fütterungsversuche mit MON 863 hatten im April 2004 für internationale Diskussionen gesorgt, als die französische Tageszeitung Le Monde über negative Effekte bei den Tieren berichtete. Danach zeigten Ratten, an die der Gen-Mais mit eingebautem Insektengift verfüttert wurde, deutliche Veränderungen im Blutbild und Organschäden. "Dies ist ein Hinweis auf mögliche gesundheitliche Schäden durch Gen-Food", so Then. Monsanto bestreitet diese Effekte nicht, behauptet aber, dass sie nicht vom Gen-Mais verursacht worden seien.
Der EU-Ministerrat will bereits am 24. Juni 2005 darüber entscheiden, ob der Gen-Mais MON 863 in Europa zum Import zugelassen wird. Laut EU-Umweltinformationsgesetz und deutschem Gentechnikgesetz hat die Öffentlichkeit jedoch ein Anrecht auf Zugang zu den Daten. Bis 24. Juni können die umfangreichen Unterlagen allerdings kaum vollständig geprüft werden. Zudem ist davon auszugehen, dass Monsanto gegen die Entscheidung des Gerichtes Beschwerde einlegt und das Oberverwaltungsgericht in Münster erneut über den Fall urteilen muss. Unklar ist, ob der Zugang zu den Akten dann bis zur weiteren Entscheidung erneut blockiert wäre.
"Die EU-Mitgliedsstaaten müssen die Zulassung des Gen-Mais im Ministerrat mit klarer Mehrheit ablehnen", fordert Christoph Then. "Die Entscheidung des Gerichtes zeigt, dass die Akten zu Unrecht geheim gehalten wurden. Das Recht der Öffentlichkeit auf Transparenz kann nur gewahrt bleiben, wenn das Zulassungsverfahren jetzt in letzter Minute gestoppt wird." Die deutsche Regierung hatte dagegen die Zulassung von MON 863 für den europäischen Markt bisher befürwortet.
Auch in anderen EU-Ländern versuchen inzwischen Umweltgruppen und Politiker, Einsicht in den geheim gehaltenen Untersuchungsbericht zu erlangen. Bisher gab es keinen freien Zugang für unabhängige Experten, die die Rattenversuche bewerten wollten. Die letztjährige Entscheidung der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA, den Gen-Mais für unbedenklich zu erklären, wurde deswegen mehrfach heftig kritisiert.
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