Hamburg, 19. 6. 2005 – Die Wasserkanonen hören plötzlich auf zu spritzen, hinter den Fontänen kommt die Ölverladeplattform Brent Spar zum Stehen. Shell gibt bekannt, die Plattform nicht in der Tiefsee zu versenken, die Schlepper drehen ab. Das ist genau zehn Jahre her. Nach sieben Wochen heftiger Auseinandersetzungen in der Nordsee, Verbraucher-Protesten ungeahnten Ausmaßes und massiver Unterstützung durch Politiker gab der Ölkonzern am 20. Juni auf: Shell verzichtete darauf, die 15.000 Tonnen schwere ausgediente Stahlplattform in den Nordost-Atlantik zu schleppen und zu versenken. Die Brent Spar wurde an Land zerlegt, heute dienen ihre Teile als Kaianlage bei Mekjarvik/Norwegen.
Die Brent-Spar-Kampagne gilt heute als ein Höhepunkt der internationalen Umweltbewegung: Der Protest von Verbrauchern führte dazu, dass ein Konzern seine Entscheidung änderte. Mittlerweile wird genau beobachtet, wie die Industrie ihre ökologische und soziale Verantwortung wahrnimmt. "Konzerne gehen jetzt meist souveräner mit Verbraucherprotesten um. Einige reagieren sofort, aber oft ist das Bekenntnis zur Umweltverantwortung nur eine PR-Masche", sagt Greenpeace-Ölexperte Karsten Smid. "Besonders die global agierenden Ölkonzerne müssen ihre ökologische und soziale Verantwortung stärker wahrnehmen."
Für Greenpeace wurde der Kampagnen-Erfolg durch einen eigenen Fehler beeinträchtigt: Kurz vor Ende der Kampagne gaben die Umweltschützer eine falsche Schätzung über die Restmenge an Öl auf der Brent Spar heraus. Der Vorwurf, die Kampagne hätte auf falschen Mengenangaben basiert, ist allerdings falsch. Von Anfang an hat Greenpeace wochenlang mit korrekten Zahlen gearbeitet, die aus Shell-Dokumenten stammten.
Der eigentliche Erfolg der Kampagne kam drei Jahre später. 1998 konnte Greenpeace ein generelles Versenkungsverbot für die etwa 500 Plattformen im Nordost-Atlantik durchsetzen, zu dem auch die Nordsee zählt. Die Entsorgungsbranche kann heute selbst schwere Konstruktionen an Land verschrotten, wie demnächst die BP-Plattform North-West-Hutton mit einem Gewicht von 37.000 Tonnen. Ab 2010 wird mit jährlich 20 ausgemusterten Plattformen gerechnet, um die Abwrackung an Land entwickelt sich ein neuer Industriezweig.
"Wir dürfen uns vom großen Erfolg der Brent-Spar-Kampagne nicht blenden lassen", sagt Karsten Smid. "Zwar betrachtet die Konzernführung von Shell die Brent Spar heute als Weckruf, aber richtig wach ist sie noch nicht. Noch immer verschmutzt die tägliche Ölförderung die Nordsee erheblich. Zudem will Shell eine umstrittene Plattform vor der Küste Sachalins durchsetzen, die die letzten dort lebenden Grauwale bedroht. Der Ölkonzern muss sich stärker ändern als er glaubt, er muss die Pläne für diese Plattform aufgeben."
Walforscher kamen zu dem alarmierenden Ergebnis, dass Lärm und Ölverschmutzung die Meeressäuger vor Sachalin gefährden, sie kommen nicht zur Ruhe und magern ab. Zudem werden die Grauwale bei der Fortpflanzung gestört. Die Westpazifischen Grauwale gehören zu den am stärksten bedrohten Walbeständen der Weltmeere.
Über Greenpeace e.V.
Greenpeace arbeitet international, setzt sich mit direkten, gewaltfreien Aktionen für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen von Mensch und Natur und Gerechtigkeit für alle Lebewesen ein.
Das verwendete Bildmaterial steht 14 Tage nach Veröffentlichung zum Download für Medien zur Verfügung. Lieferbedingungen: keine Weitergabe an Dritte, kein Weiterverkauf, keine Archivierung, nur für redaktionelle Zwecke, Quellenangabe obligatorisch.
Kontaktdaten
-
vCard herunterladen
- Pressestelle
- Allgemeine journalistische Anfragen, Erreichbarkeit montags bis freitags 9-14 Uhr
- presse@greenpeace.de
- 040-30618340
-
vCard herunterladen
- Fotoredaktion
-
Anfragen für Bilder //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - photo@greenpeace.de
-
vCard herunterladen
- Videodokumentation
-
Anfragen für Videomaterial //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - video@greenpeace.de
Link kopieren
https://presseportal.greenpeace.de/207505-vor-zehn-jahren-wurde-die-versenkung-der-brent-spar-gestoppt/Verwandte Themen
Verwandte Presseaussendungen
Greenpeace zum anstehenden EU-Ratstreffen und dem EU-Klimaziel
Das im Koalitionsvertrag zugesagte Ziel, die Emissionen bis 2040 um 90 Prozent zu senken, muss Merz durchsetzen
Heizen mit Wasserstoff kann Kosten mehr als verdoppeln
Wer auf eine Wasserstoffheizung setzt, muss mit Heizkosten rechnen, die 74 bis 172 Prozent höher als die bisherige Gasrechnung liegen. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Fraunhofer-Studie im Auftra...
Greenpeace-Aktivist:innen protestieren in Zeebrügge gegen russische LNG-Importe
Mit überlebensgroßen Skulpturen des US-Präsidenten Donald Trump und des russischen Präsidenten Wladimir Putin protestieren mehr als 70 Greenpeace-Aktivist:innen aus 17 Ländern im Hafen von Zeebrügg...
Gasbohrung in Reichling: Konzessionsverlängerung verstößt gegen Verfassung und Völkerrecht
Bis zum 30.9.2025 muss Bayerns Wirtschaftsminister entscheiden, ob er die Konzession für die umstrittene Gasbohrung in Reichling verlängert. Greenpeace Bayern legt jetzt ein juristisches Kurzgutach...
Vor Fristablauf: Umweltverbände legen Eilantrag gegen Leag-Umstrukturierung vor
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), unterstützt von Greenpeace, hat wenige Wochen vor einem wichtigen Fristablauf einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Cottbus eingereicht, damit das zuständige Berga...