Hamburg, 26.03.2010 - Greenpeace belegt mit einer neuen Rechtsexpertise, dass Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) den Anbau der umstrittenen Gen-Kartoffel in Deutschland vorläufig untersagen muss. Der Grund: Die neue EU-Kommission hat mit der Zulassung der Gen-Kartoffel "Amflora" des BASF-Konzerns Anfang März gegen die Freisetzungsrichtlinie und damit gegen europäisches Recht verstoßen. Sie hätte keine Gen-Pflanze mit einem gesundheitsgefährdenden Antibiotika-Resistenz-Gen genehmigen dürfen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), CSU-Parteichef Horst Seehofer und der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle können jetzt nicht länger, wie noch im Koalitionsvertrag vereinbart, die Einführung der BASF-Kartoffel unterstützen und ihren Anbau hinnehmen.
"Die Gen-Kartoffel ist riskant und überflüssig, ihre Zulassung rechtswidrig", sagt Barbara Kamradt, Gentechnik-Expertin von Greenpeace. "Mittlerweile gibt es Kartoffeln mit ähnlichen Eigenschaften ohne Gentechnik. Die Regierung darf keine ökologischen und gesundheitlichen Risiken eingehen, nur um einem Konzern einen Gefallen zu tun. Sie muss den Anbau verbieten und gegen die EU-Kommission klagen."
Die EU-Kommission hat mit der Zulassung ignoriert, dass in der EU seit dem Jahr 2004 keine Pflanzen mit gesundheitsgefährdenden Antibiotika-Resistenz-Genen zum Anbau zugelassen werden dürfen. Das gesundheitliche Risiko sieht auch Professor Uwe Frank, Experte für Antibiotikaresistenzen und Krankenhaushygiene vom Universitätsklinikum Freiburg gegeben: "Antibiotika-Resistenzen sind bereits jetzt ein ernst zu nehmendes Problem. Das hier betroffene Antibiotikum Kanamycin gehört zu einer Substanzklasse, die in der Behandlung lebensbedrohlicher Infektionen wie Tuberkulose eine wichtige Rolle spielt. Eine mögliche Übertragung der Resistenzgene von den Pflanzen auf Bakterien ist nicht auszuschließen. Dieses Risiko sollte man nicht eingehen."
Die fehlerhafte Prüfung der ökologischen Risiken der Gen-Kartoffel widerspricht ebenfalls EU-Recht. Sie wurden im Vorfeld nicht umfassend untersucht und sollen nun zum Großteil durch Beobachtung während des kommerziellen Anbaus beurteilt werden. Auch dies verstößt gegen die EU-Freisetzungsrichtlinie. Für die Autorin des Gutachtens, Rechtsanwältin Dr. Michéle John aus Hamburg, ist klar: "Menschliche Gesundheit und Umwelt haben im europäischen und deutschen Gentechnikrecht einen hohen Stellenwert. Da auch nach der Zulassung wissenschaftliche Bedenken hinsichtlich der schädigenden Auswirkungen bestehen, muss die Bundesregierung umgehend handeln. Sie muss die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel, insbesondere die Schutzklausel, zur Gefahrenvorsorge aktivieren."
"Amflora" wurde erst nach 13 Jahren zugelassen. Sie darf angebaut und technisch verwertet, aber auch für die Tierfütterung und – bis zu einem Verschmutzungsgrad von 0,9 Prozent – für Lebensmittel verwendet werden. "Amflora" produziert besonders viel Stärke, die als Rohstoff für technische Produkte wie Kleister und Beton benötigt wird. Sie soll in diesem Jahr in Deutschland, Schweden und Tschechien angebaut werden.
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