Berlin, 08.11.2005 - Die Bundesärztekammer, die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und Greenpeace fordern heute gemeinsam eine EU-Chemikalienreform, die den Gesundheits- und Verbraucherschutz stärkt. Vor der ersten Abstimmung des Europa-Parlamentes am 17. November über die Chemikalienverordnung REACH (Registrierung, Evaluierung und Autorisierung von Chemikalien) appellieren die Verbände an die EU-Abgeordneten, keine weitere Abschwächung der Reform zu Lasten des Gesundheits- und Verbraucherschutzes zuzulassen. Nach den Vorschlägen der EU-Ausschüsse für Industrie sowie Binnenmarkt/Verbraucherschutz sollen die Anforderungen an Chemieunternehmen, Informationen über die Sicherheit ihrer Chemikalien zu liefern, noch weiter reduziert werden.
"Chemikalien können schwerste Erkrankungen verursachen. Bis heute wurden die meisten Stoffe kaum auf ihre Risiken getestet. REACH soll diesen unhaltbaren Zustand beenden und darf deshalb nicht weiter abgeschwächt werden", sagt Prof. Dr. Heyo Eckel, Vorsitzender des Ausschusses Gesundheit und Umwelt der Bundesärztekammer und Präsident der Ärztekammer Niedersachsen. "Auch in kleinen Mengen hergestellte Stoffe können ein hohes Gesundheitsrisiko darstellen. Über sie brauchen wir nicht weniger, sondern mehr Daten als bisher in REACH vorgesehen. Die chemische Industrie darf nicht länger von ihrer Pflicht, ausreichende Sicherheitsdaten für ihre Stoffe zu liefern, entbunden werden."
"Wir betreiben derzeit ein chemisches Großexperiment, dessen Folgen für Mensch und Umwelt kaum abzuschätzen sind", sagt Prof. Dr. Edda Müller, Vorstand des vzbv. "Der Verbraucher wird gezwungen, die Katze im Sack zu kaufen, inklusive eventuell schädlicher Chemikalien. Das Europa-Parlament und die designierte Bundesregierung sollten am ursprünglichen REACH-Entwurf festhalten und ihn zügig verabschieden. Eine weitere Verwässerung ist inakzeptabel und führt das Ziel der Verordnung, Mensch und Umwelt zu schützen, ad absurdum." In ihrem eigenen Interesse sollte die chemische Industrie ein verbraucherfreundliches REACH nicht boykottieren. Edda Müller: Durch die Entwicklung von Ersatzstoffen hat REACH ein hohes Innovationspotential. Eine vorsorgeorientierte Chemikalienpolitik stärkt zudem das Vertrauen der Verbraucher, und beides ist gut für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft.
Greenpeace appellierte an die Europa-Abgeordneten und die künftige Bundesregierung, nicht dem Lobbydruck der chemischen Industrie nachzugeben. "Die angeblichen wirtschaftlichen Probleme durch REACH sind ein Vorwand. Eine eigene Studie der chemischen Industrie belegt, dass REACH keine gravierenden wirtschaftlichen Folgen haben wird", sagt Stefan Krug, Leiter der Politischen Vertretung von Greenpeace. "Für die Chemieindustrie wird es unangenehm, wenn sich viele ihrer Chemikalien als gefährlich herausstellen. REACH muss diese Stoffe schnell identifizieren und aus dem Verkehr ziehen. Deshalb darf die zukünftige Bundeskanzlerin die Verabschiedung von REACH jetzt nicht unnötig verzögern." Am Wochenende war bekannt geworden, dass auf Drängen der künftigen Bundesregierung eine für den 29. November geplante Entscheidung des EU-Wettbewerbsrates zu REACH verschoben werden soll.
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