Greenpeace reagiert geschockt auf den Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD. Beim Thema Gentechnik sowie in der Chemikalienpolitik haben sich die Koalitionäre auf katastrophale Rückschritte verständigt. "Noch nie hat eine Bundesregierung sich so zum Handlanger der Chemie- und Gentechnikindustrie machen lassen wie diese Große Koalition", erklärt Stefan Krug, Leiter der Politischen Vertretung von Greenpeace in Berlin. "Jede Regierung muss Kompromisse machen. Aber Kompromisse gegen den Schutz der Verbraucher vor giftigen Chemikalien, Krebs erregendem Dieselruß oder genmanipulierten Lebensmitteln sind einfach eine Schande."
Im Wahlkampf hatten SPD-Parteichef Franz Müntefering und Kanzler Gerhard Schröder den Verbrauchern Schutz vor der schleichenden Verunreinigung ihres Essens mit Gentechnik versprochen - jetzt haben sie genau dieser Verunreinigung den Weg geebnet. Gen-Bauern müssen künftig keine Angst mehr vor Haftungsansprüchen haben, wenn ihre genmanipulierten Pflanzen Nachbaräcker verunreinigen. Forschungslabore werden künftig auch dann straffrei bleiben, wenn genveränderte Organismen, für die es noch keine Zulassung gibt, in Lebensmittel oder ins Saatgut geraten.
Die EU-Chemikalienreform REACH, die nächste Woche im Europaparlament zur Abstimmung steht, wollen CDU/CSU und SPD so grundlegend verändern, dass der Industrie keinerlei Belastungen entstehen. Stefan Krug: "Während die Krebs- und Allergierate in Europa steigt und wir von Zehntausenden von Chemikalien im Alltag nicht die geringsten Informationen über ihre Gefährlichkeit haben, wollen Angela Merkel und die SPD noch weniger Verpflichtungen für die Chemieindustrie. Schon in der Muttermilch finden sich über 300 verschiedene Chemikalien. Der Schutz der Menschen vor Chemiegiften spielt für die Koalition keine Rolle." Nach Hochrechnungen der EU-Kommission könnten in den nächsten 30 Jahren durch die Chemikalienreform REACH 50 Milliarden Euro an Gesundheitskosten eingespart werden.
Beim Klimaschutz hat sich die Koalition von den bisherigen Klimaschutzzielen der Bundesregierung verabschiedet: Nun sollen bis 2020 nur noch "mehr als 30 Prozent" statt bisher 40 Prozent der CO2-Emissionen reduziert werden. Die klimaschädlichen Emissionen des Verkehrs werden ebenfalls nicht konsequent angegangen. "Es genügt nicht, eine Selbstverpflichtung der Autoindustrie zu unterstützen, von der absehbar ist, dass sie nicht erreicht wird. Und auch Biokraftstoffe können das Klimaproblem des Verkehrs nicht lösen", so Krug. Die Förderung von Dieselfiltern in Neuwagen erst ab 2008 kommt viel zu spät und ist angesichts der Krebs erregenden Dieselruß-Emissionen nicht akzeptabel.
Greenpeace sieht aber auch positive Elemente im Koalitionsvertrag. "Es ist erfreulich, dass sich die Union mit ihrer absurden Forderung nach Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke bisher nicht durchsetzen konnte. Die weitere Förderung erneuerbarer Energien, das Milliardenprogramm zur Gebäudesanierung, die Abschaffung der Eigenheimzulage oder die geplante CO2-bezogene KFZ-Steuer sind klare Pluspunkte des Vertrages", so Stefan Krug.
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