Hamburg, 15.11.2005 - Zur Freisetzung und kommerziellen Nutzung genmanipulierter Pflanzen veröffentlicht Greenpeace heute eine Dokumentation mit dem Titel Das unterschätzte Risiko. Neun international renommierte Wissenschaftler aus Deutschland, England, Frankreich, Italien, der Schweiz und den USA werden darin über ihre aktuellen Forschungsergebnisse aus Grundlagenforschung, Toxikologie und Pflanzenzüchtung befragt. In den Interviews äußern die meisten der Experten deutliche Vorbehalte gegenüber der Sicherheitsbewertung gentechnisch veränderter Saaten. Die bisherigen Vorstellungen von Vererbung und Gen-Regulierung, auf denen die Gentechnik beruht, müssten zudem zu großen Teilen korrigiert werden. An dem Projekt sind neben Greenpeace das Freiburger Öko-Institut und das Blauen-Institut in Basel beteiligt.
"Zehn Jahre nach dem ersten kommerziellen Anbau von Gen-Soja ist es Zeit für eine Bilanz", sagt Christoph Then, Gentechnik-Experte von Greenpeace. "In der unabhängigen Wissenschaft wächst die Einschätzung, dass die Risiken der Gen-Saaten bisher eher unterschätzt wurden. Immer öfter werden unbeabsichtigte Effekte an genmanipulierten Pflanzen beobachtet, die beweisen, wie wenig kontrollierbar diese Saaten wirklich sind."
Eine wesentliche Ursache für die vielen Unwägbarkeiten sind die von der Gen-Industrie verwendeten Schrotschussverfahren, bei denen nicht kontrolliert werden kann, wo die hinzu gefügten Gene genau im Erbgut landen und welche Effekte sie tatsächlich auslösen. Da die Gen-Regulation in den Zellen und die Wechselwirkungen der Pflanzen mit der Umwelt zudem wesentlich komplexer sind, als bis vor kurzem angenommen wurde, ist eine ausreichende Risikobewertung dieser Gen-Saaten faktisch unmöglich. Vor diesem Hintergrund weisen mehrere der befragten Experten darauf hin, dass die Zulassungsverfahren derzeit absolut unzureichend sind, um Gesundheits- und Umweltrisiken auszuschließen.
"Es ist naiv zu glauben, dass die Folgen einer weltweiten Freisetzung von Gen-Saaten kontrolliert werden können. Hier tickt eine Zeitbombe für die gesamte Biosphäre. Es ist Zeit für eine gründliche Neubewertung dieser Technologie, deren wissenschaftliche Grundlagen zum großen Teil bereits überholt sind. Es gibt wesentlich bessere und schnellere Züchtungsverfahren, die ohne die fragwürdigen Methoden der Gen-Manipulation auskommen", sagt Then.
Die Diskussion um die Risiken genmanipulierter Saaten steht auch im Mittelpunkt der von Greenpeace, Öko- und Blauen-Institut veranstalteten internationalen Konferenz Epigenetics, Transgenic Plants & Risk Assessment, die am 1. Dezember im Frankfurter Literaturhaus stattfindet. Gemeinsam mit Wissenschaftlern verschiedener Fachrichtungen sollen dort auch Diskussionen angestoßen werden, die zu einer nachhaltigen Innovation in der Pflanzenzucht mit wesentlich weniger Risiken führen können.
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