Greenpeace: Sicherheit kennt keine Kompromisse

Bundesregierung will Alt-Reaktoren nicht gegen Flugzeugabstürze nachrüsten lassen

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Hamburg, 12.09.2010 - Die Bundesregierung will den Atomkonzernen erlauben, ihre sieben ältesten und gefährlichsten Reaktoren bis zum Ende ihrer Laufzeit ohne ausreichenden Schutz vor Flugzeugabstürzen zu betreiben. Das geht aus dem Entwurf für einen neuen Paragraphen des Atomgesetzes hervor, den Greenpeace heute öffentlich macht. Greenpeace fordert Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) als obersten Verantwortlichen für die Sicherheit der deutschen Atomkraftwerke auf, sich gegen die Novellierung des Atomgesetzes auszusprechen und bei der Kabinettssitzung am 28. September dem Entwurf die Zustimmung zu verweigern.

'Minister Röttgen muss jetzt Farbe bekennen. Er kann sich nicht öffentlich als Garant für die Sicherheit inszenieren und gleichzeitig dafür einsetzen, dass selbst die ältesten Atommeiler mit ihren hauchdünnen Hüllen nicht gegen einen Flugzeugabsturz geschützt werden sollen', sagt Tobias Münchmeyer, Atomexperte von Greenpeace. 'Ein Weiterbetrieb ohne Nachrüstungen wäre unverantwortlich. Röttgen muss sich entscheiden, ob er Minister für die Umwelt oder die Atomkonzerne sein will. Sicherheit kennt keine Kompromisse.'

In der Novellierung des Atomgesetzes ist ein neuer Paragraph 7d, Absatz 2 vorgesehen, nach dem die Betreiber der Atomkraftwerke spätestens zehn Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes nachweisen, dass bautechnische Maßnahmen zum Schutz des Reaktorgebäudes vor Flugzeugabstürzen […] verwirklicht sind. Die von der Bundesregierung vorgesehenen Reststrommengen für die sieben Altreaktoren führen allerdings dazu, dass wahrscheinlich alle diese Anlagen in den 24 Monaten vor erreichen dieser 10-Jahres-Frist vom Netz gehen werden.

Deutsche Atomkraftwerke unzureichend gegen Flugzeugabstürze geschützt

Deutsche Atomkraftwerke sind auch neun Jahre nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 noch immer völlig unzureichend gegen einen möglichen Angriff aus der Luft geschützt. Die sieben ältesten Reaktoren würden nicht einmal dem Absturz einer kleinen Verkehrsmaschine vom Typ Airbus A320 standhalten. Dieser Flugzeugtyp ist nicht einmal halb so schwer, wie die bei den Terroranschlägen verwendeten Boeing 767. Bei der Ermittlung der erforderlichen Schutzmaßnahmen für Atomanlagen hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg erst im Juni dieses Jahres gefordert, es müsse für den Schutz vor Flugzeugabstürzen das größte in Betrieb befindliche Passagierflugzeug, der A380, zugrunde gelegt werden. Dieser Flugzeugtyp wiegt vollgetankt siebenmal so viel wie ein Airbus A320.

Tabelle: Fluggewicht und Kerosinbeladung verschiedener Flugzeugtypen

  Fluggewicht Kerosinbeladung

Starfighter 13,1 t 3.301 l

Phantom 28 t 7.022 l

A320 73,5 t 24.210 l

A300 171,7 t 68.150 l

B747 396,9 t 216.800 l

A 380 560 t 310.000 l

Die Bundesregierung hält weiterhin das Papier einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe geheim, dass einen abgestimmten Katalog zu den Sicherheitsanforderungen für Atomkraftwerke enthält. Greenpeace fordert die sofortige Offenlegung dieses Dokuments. 'Die gesamte Wahrheit muss endlich auf den Tisch. Wir haben es satt, nur nach Druck und scheibchenweise von der Regierung über ihre Atompläne informiert zu werden', sagt Münchmeyer.

Der Entwurf des § 7d Weitere Vorsorge gegen Risiken, Absatz 2, des Atomgesetzes, der Greenpeace vorliegt:

'Der Inhaber einer Genehmigung zum Betrieb einer Anlage zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität ist zur weiteren Vorsorge gegen Risiken für die Allgemeinheit verpflichtet, spätestens zehn Jahre nach dem [Datum des Inkrafttretens dieses Gesetzes] nachzuweisen, dass bautechnische Maßnahmen zum Schutz des Reaktorgebäudes vor Flugzeugabstürzen nach den in Anlage 5 aufgeführten Spezifikationen in der jeweiligen Anlage verwirklicht sind.'

 

 

 

 

 

 

 

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