Hamburg/Hongkong, 09.12.2005 - Der von der Welthandelsorganisation (WTO) geplante erleichterte Marktzugang für Industriegüter fördert die Zerstörung der Urwälder. Notwendige Urwaldschutzmaßnahmen wie Einfuhrverbote von Holz aus Urwaldzerstörung oder die Kennzeichnung von Öko-Holz widersprechen zudem laut WTO dem Freihandel. Das ist das Ergebnis der Studie "Trading away the ancient forests" (Die Urwälder weg ver-handeln), die Greenpeace heute in Hongkong veröffentlicht hat. Holz gehört zu den Industriegütern, über deren Handelsliberalisierung Vertreter aus 149 Ländern auf der sechsten WTO-Ministerkonferenz vom 13. bis 18. Dezember in Hongkong verhandeln werden.
"Urwälder, Holz und Holzprodukte gehören nicht auf den Verhandlungstisch der WTO", fordert Martin Kaiser, Waldexperte von Greenpeace. "Sonst landen unsere letzten Urwälder noch restlos auf der Welthandelsflotte." Laut Welternährungsorganisation FAO gehen pro Jahr nach aktuellen Zahlen über 13 Millionen Hektar Urwald verloren. Das entspricht der Fläche Griechenlands. Der grenzüberschreitende Holzhandel hat einen Wert von 200 Milliarden US-Dollar jährlich.
Bisher ging es in der WTO vor allem um die Handelsliberalisierung von landwirtschaftlichen Produkten und Dienstleistungen. Jetzt will die WTO unter dem Stichwort NAMA (non-agricultural market access) auch Verhandlungen darüber führen, wie Industriegüter, zum Beispiel Holzprodukte, leichter exportiert und importiert werden können.
Für die WTO ist dabei ein Schrank aus Holz, bei dessen Einschlag Urwälder zerstört wurden, das gleiche wie ein Schrank aus Öko-Holz. Wer Öko-Holz bevorzugt, verzerrt laut WTO den freien Wettbewerb. Ein Staat, der aus ökologischen Gründen die Einfuhr von Urwaldholz verbieten oder bei öffentlichen Bauten nur Holz mit dem Öko-Siegel FSC verwenden möchte, riskiert einen Streit mit der WTO. Allein die Drohung mit einem WTO-Streitfall schreckt viele Regierungen vor Urwaldschutz ab, da Strafzölle in Millionenhöhe drohen können.
Ein Beispiel: Die Bundesregierung hat ein von Greenpeace angestoßenes Urwaldschutzgesetz vorgelegt. Danach sollen der Besitz und der Handel mit Holz aus illegalen Quellen und aus Urwaldzerstörung strafbar werden. Auch aus Sorge vor Handelssanktionen bleibt die Umsetzung bisher auf der Strecke.
"Regierungen müssen das Recht haben, die Urwaldkrise zu bremsen, indem sie ihre Grenzen für illegal gefälltes Holz oder Holz aus Urwaldzerstörung schließen", sagt Martin Kaiser. "Denn nur wenn den Holzkonzernen der lukrative Absatzmarkt versperrt wird, können die Wälder aufatmen und die Waldbesitzer in Deutschland lachen." Denn die Importe aus Raubbau sind vielfach günstiger als Holz aus ökologischer und sozial gerechter Waldnutzung.
Die Greenpeace-Studie zeigt, dass die fortschreitende Urwaldzerstörung Menschen heimatlos macht und in die Armut treibt. Aber auch aus wirtschaftlicher Sicht ist der angestrebte WTO-Freihandel für Holzprodukte langfristig nicht sinnvoll. Denn wenn die Zerstörung der Urwälder so weiter geht, gibt es in der nächsten Generation nur noch minderwertiges Plantagenholz.
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