Alltags-Chemikalien sind Gift für Spermien

REACH: Greenpeace demonstriert für eine starke EU-Chemikalienreform

Hamburg/Berlin, 13.12.2005 - Nur mit einem Feigenblatt bekleidet protestieren Greenpeace-Aktivisten heute vor dem Bundeskanzleramt gegen Zeugungsunfähigkeit durch Alltags-Chemikalien. Die Feigenblätter tragen die Aufschrift Alltagschemie ist Gift für meine Spermien!. Hintergrund des Protestes: Für jedes zehnte Paar in Deutschland bleibt der Kinderwunsch mittlerweile unerfüllt. Als eine der Hauptursachen gelten Chemikalien, die insbesondere die Fruchtbarkeit von Männern schädigen. Dazu gehören zum Beispiel Weichmacher, die in Rasiercreme, Lebensmittelverpackungen oder Badelatschen stecken.

Der EU-Wettbewerbsrat berät heute in Brüssel über die EU-Chemikalienverordnung REACH (Registrierung, Evaluierung und Autorisierung von Chemikalien). Unter Führung von Kanzlerin Angela Merkel will sich die Bundesregierung dafür aussprechen, dass besonders schädliche Chemikalien selbst dann weiter verwendet werden dürfen, wenn sichere Alternativstoffe vorhanden sind.

"Um die Fruchtbarkeit unserer Männer steht es nicht zum Besten", sagt Ulrike Kallee, Chemie-Expertin von Greenpeace. "Wenn Frau Merkel wirklich etwas für die Zukunft dieses Landes tun will, muss sie in Brüssel dafür sorgen, dass keine fortpflanzungsschädigenden Chemikalien mehr in Alltagsprodukten stecken."

Studien zeigen, dass die Spermienzahl in Deutschland jährlich um mehr als zwei Prozent abnimmt. Sie nähert sich damit einem Bereich an, den die WHO als kritisch für die Zeugungsfähigkeit ansieht. Zudem leiden immer mehr Jungen an missgebildeten Hoden, ein möglicher Auslöser für spätere Unfruchtbarkeit und erhöhtes Hodenkrebsrisiko. Industriechemikalien gelten als wesentliche Ursache für diesen Trend. Mehr als 300 Chemikalien aus alltäglichen Produkten werden im menschlichen Blut inzwischen nachgewiesen.

Das Europäische Parlament hat sich in seiner ersten Lesung vor vier Wochen dafür ausgesprochen, dass besonders gefährliche Chemikalien schrittweise von den Unternehmen durch unbedenklichere Alternativen ersetzt werden sollen. Diese Entscheidung muss allerdings noch den EU-Wettbewerbsrat passieren, in dem die Wirtschaftsminister sitzen. Gegen dieses so genannte Substitutionsprinzip hat sich im Vorfeld insbesondere die Bundesregierung ausgesprochen, um die Chemieunternehmen nicht finanziell zu belasten.

Nach eigenen Angaben verzeichnete die deutsche Chemieindustrie 2005 das stärkste Wachstum seit zehn Jahren. Zeitgleich wurden mehr als 4.000 Arbeitsplätze abgebaut. "Wenn Frau Merkel eine solche Unternehmenspolitik auf Kosten unserer Gesundheit unterstützt, ist das verantwortungslos und kurzsichtig. Durch die Entwicklung von unschädlichen Ersatzstoffen hat REACH ein hohes Innovationspotential. REACH ist eine Investition in die Zukunft", sagt Kallee.

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