Hamburg, 08.02.2006 - Greenpeace schätzt, dass der Rohöltanker Flawless, der im Verdacht steht die Ölpest in der Ostsee ausgelöst zu haben, morgen oder übermorgen Port Said am Mittelmeer erreichen wird. Dort muss nach Meinung der Umweltschutzorganisation auf jeden Fall das so genannte Öltagebuch des Schiffes überprüft werden. Nur dann können die Behörden feststellen, ob das Schiff die Katastrophe vor der estnischen Küste Ende Januar ausgelöst hat, in dem es unerlaubt Öl ins Meer gepumpt hat. Weit über 10.000 Vögel sind nach ersten Schätzungen bereits gestorben.
"Der jährliche schleichende Öleintrag in die Ostsee wird auf über 20.000 Tonnen geschätzt. Das ist jedes Jahr ein Tankerunfall, von dem kaum jemand etwas mitbekommt", sagt Christian Bussau, Schifffahrtsexperte bei Greenpeace. "Was wir jetzt sehen, ist nur die Spitze des Eisberges. Praktisch jeden Tag leiten Schiffe illegal Öl ein. Die Behörden sind machtlos, ihnen fehlen Geld und Personal. Wie viele Tiere im Jahr durch diese Verschmutzung sterben, weiß niemand."
Durch illegale Einleitungen der Schifffahrt und Schiffsunfälle gelangen in die Ostsee jedes Jahr zwischen 2.000 und 7.000 Tonnen. Die restlichen 13.000 Tonnen setzen sich zusammen aus Einträgen über Luft und Flüsse. Pro Jahr werden mehrere Hundert Ölverschmutzungen in Nord- und Ostsee bei der Luftüberwachung festgestellt. Das internationale MARPOL-Übereinkommen regelt die Verhinderung der Verschmutzung der Meeresumwelt durch Öl und ölhaltige Gemische. Ostsee und Nordsee sind als Sondergebiete ausgewiesen. Dort ist das Einleiten von Öl oder öligen Gemischen aus jedem Öltankschiff und aus jedem anderen größeren Schiff verboten. Doch trotz dieser Gesetze ist die Situation für Nord- und Ostsee höchst unbefriedigend.
Bussau: "So kann es nicht weiter gehen. Die Kontrollen der Schiffe in den Häfen müssen verschärft werden. Anhand der Öltagebücher lässt sich feststellen, ob die Schiffe illegal Öl einleiten. Außerdem muss die Luftüberwachung verstärkt werden und die Strafen für die Ölsünder müssen drastisch erhöht werden. Ölverschmutzung der Meere ist kein Kavaliersdelikt. Man kann die Flawless jetzt in Port Said schnappen." Der Rohöltanker Flawless fährt unter der Flagge von Liberia, ist 274 Meter lang und wurde 1991 gebaut. Am 5. Februar passierte das Schiff Gibraltar.
Es ist wissenschaftlich belegt, dass die Öl-Einleitungen die Meereslebewesen stark schädigen. Kleinste Mengen werden im Meerwasser verteilt und von den Organismen aufgenommen. Sie gelangen so in die Nahrungskette, wo sie sich als Schadstoffe im Organismus von Würmern, Muscheln, Krebsen, Seesternen, Fischen, Seevögeln und Meeressäugern anreichern können. Dies kann zu Wachstums- und Entwicklungsstörungen führen. Über die Nahrungskette können die Schadstoffe schließlich auch zum Menschen gelangen.
Um auf die vielen Bedrohungen der Weltmeere aufmerksam zu machen, ist Greenpeace seit November 2005 mit dem Flaggschiff "Esperanza" auf den Ozeanen unterwegs. Die einjährige Greenpeace-Expedition steht unter dem Motto SOS Weltmeer. Walfang, Überfischung, Verschmutzung durch Öl und andere Einleitungen stehen dabei im Mittelpunkt der Expedition.
Über Greenpeace e.V.
Greenpeace arbeitet international, setzt sich mit direkten, gewaltfreien Aktionen für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen von Mensch und Natur und Gerechtigkeit für alle Lebewesen ein.
Kontaktdaten
-
- Pressestelle
- Allgemeine journalistische Anfragen, Erreichbarkeit montags bis freitags 9 - 14 Uhr
- presse@greenpeace.de
- 040-30618340
-
- Fotoredaktion
-
Anfragen für Bilder //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - photo@greenpeace.de
-
- Videodokumentation
-
Anfragen für Videomaterial //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - video@greenpeace.de
Link kopieren
https://presseportal.greenpeace.de/207173-alltagliche-verschmutzung-schlimmer-als-tanker-katastrophenVerwandte Themen
Verwandte Veröffentlichungen
Greenpeace-Stellungnahme zum Jahrestag des Atomausstiegs in Bayern
Energie-Expertin Saskia Reinbeck von Greenpeace in Bayern zieht eine Bilanz des ersten Jahrs ohne Atomstrom und fordert von Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) einen zügigere...
Greenpeace-Studie: Ukraine kann Energiebedarf nur mit Wind und Sonne auf Bruchteil der Landesfläche decken
Um den gesamten Strombedarf der Ukraine alleine mit Solar- und Windenergie zu decken, benötigt das Land nur ein Hundertstel seiner dafür geeigneten Landesfläche.
Stellungnahme zum Erfolg der Klimaklage vor dem EGMR
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat bestätigt, dass mangelnder Klimaschutz Menschenrechte verletzt. Für Gianna Martini, Greenpeace-Expertin für Klima und Energie, ist da...
Greenpeace-Studie belegt: Im Jahr nach dem Atomausstieg sinken CO2-Ausstoß und Strompreise
Die Stromerzeugung in Deutschland verursacht im ersten Jahr ohne Atomstrom weniger Treibhausgase und ist günstiger sowie sicherer geworden als im Vorjahreszeitraum.
Wasserstoff nicht verheizen: Verbände appellieren an Deutschlands Bürgermeister:innen
In einem offenen Brief warnen 217 Organisationen davor, Wasserstoff großflächig in der kommunalen Wärmeplanung einzuplanen.