Hamburg, 18.03.2007 - Während täglich neue Vorschläge zur Verringerung klimaschädlicher Treibhausgase auf deutsche Tische kommen, droht das wichtigste Instrument zur Senkung von Emissionen unter die Räder der fossilen Energiewirtschaft zu geraten. Im Kampf um die Ausgestaltung des Emissionshandels soll Braunkohle weiterhin bevorzugt werden. Jedenfalls wenn es nach den Wünschen von Wirtschaftsminister Glos und den Energieversorgern Vattenfall und RWE ginge. Doch Braunkohle ist der klimaschädlichste Energieträger. Greenpeace fordert die Bundesregierung auf, Klimaschutz vor die Einzelinteressen zweier Konzerne zu stellen.
Die Bundesregierung wird mit der Ausgestaltung des Emissionshandels (NAP II) festlegen, inwieweit der Neubau klimaschädlicher Braunkohlekraftwerke ermöglicht bzw. sogar befördert wird. Bislang sieht der Entwurf von Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) eine Gleichbehandlung von Braun- und Steinkohle vor. Vorgesehen ist eine Ausstattung mit Verschmutzungsrechten in Höhe von 750 Gramm Kohlendioxid pro Kilowattstunde erzeugten Stroms. Den Braunkohleriesen RWE und Vattenfall ist das jedoch zu wenig, da ihre Kraftwerke wesentlich mehr Kohlendioxid pro Kilowattstunde ausstoßen.
"Merkel muss sich jetzt im Braunkohle-Streit zwischen Gabriel und Glos entscheiden: Will sie wirklich wie Glos eine Bevorzugung des Klimakillers Braunkohle? In dieser Woche muss sie Farbe bekennen: Entweder RWE und Vattenfall oder Klimaschutz", sagt Greenpeace-Klimaexpertin Gabriela von Goerne. Das würde die ohnehin schon kostengünstige Braunkohle-Verstromung künstlich noch billiger machen und die Stromerzeugung aus Steinkohle und Erdgas teurer machen. "Das wäre nicht nur katastrophal für das Klima, sondern auch ein harter Schlag für viele kleine und mittlere Stromanbieter (z.B. Stadtwerke) und Industrieunternehmen."
Sollte sich die Bundesregierung der Braunkohlelobby beugen, hätte dies fatale Folgen. Kein anderer Energieträger erzeugt mehr Kohlendioxid. Selbst neue Braunkohlekraftwerke sind ineffizient - nicht einmal die Hälfte der eingesetzten Energie wird genutzt, der Großteil entweicht als Abwärme über die Kühltürme. Derzeit sind in Deutschland Braunkohlekraftwerke mit einer Leistung von insgesamt 3.900 Megawatt in der Planung oder bereits im Bau. Den Anfang machte das Kraftwerk Neurath von RWE. Dieses Braunkohlekraftwerk wird ab 2010 jährlich über 31 Millionen Tonnen CO2 ausstoßen - das ist in etwa so viel wie 15 Millionen PKW im Jahr emittieren. Auch Vattenfall will an den Standorten Boxberg und Schwarze Pumpe zukünftig noch mehr klimaschädliche Braunkohle verfeuern.
Neue Kraftwerke zementieren den CO2-Ausstoß für die kommenden 30 bis 40 Jahre. Daran ändert auch die so genannte CO2-Speicherung nichts. Die Kraftwerke, die heute gebaut werden, werden nach 2020, wenn die Technologie vielleicht großtechnisch zur Verfügung steht, vermutlich nie nachgerüstet. "Die CO2-Abscheidung und Speicherung (CCS) ist zu ineffizient, teuer und birgt langfristige Risiken. CCS wird heute als grünes Deckmäntelchen für den Bau neuer Kraftwerke missbraucht", so von Goerne.
Über Greenpeace e.V.
Greenpeace arbeitet international, setzt sich mit direkten, gewaltfreien Aktionen für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen von Mensch und Natur und Gerechtigkeit für alle Lebewesen ein.
Das verwendete Bildmaterial steht 14 Tage nach Veröffentlichung zum Download für Medien zur Verfügung. Lieferbedingungen: keine Weitergabe an Dritte, kein Weiterverkauf, keine Archivierung, nur für redaktionelle Zwecke, Quellenangabe obligatorisch.
Kontaktdaten
-
- Pressestelle
- Allgemeine journalistische Anfragen, Erreichbarkeit montags bis freitags 9-14 Uhr
- presse@greenpeace.de
- 040-30618340
-
- Fotoredaktion
-
Anfragen für Bilder //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - photo@greenpeace.de
-
- Videodokumentation
-
Anfragen für Videomaterial //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - video@greenpeace.de
Verwandte Themen
Verwandte Presseaussendungen
Greenpeace-Stellungnahme zum Antrag "Nein zu Nord Stream" auf dem SPD-Bundesparteitag
Für Karsten Smid, Greenpeace-Experte für Klima- und Energiepolitik, ist eine klare Position der SPD zu russischem Gas über die Ostsee-Pipeline Nord Stream längst überfällig.
Greenpeace: Sachsen und Brandenburg sollten Gläubigerschutz bei Umstrukturierung der Leag-Gruppe beantragen
Die Länder Sachsen und Brandenburg sollten nach Einschätzung von Greenpeace Gläubigerschutz beantragen, um nach der Umstrukturierung des Stromversorgers Leag Verpflichtungen in Milliardenhöhe abzuw...
Greenpeace-Studie: Energiehunger von Künstlicher Intelligenz gefährdet Energiewende
Der Energiebedarf von KI-Anlagen gefährdet die Fortschritte der weltweiten Energiewende, so eine aktuelle Studie des Öko-Instituts im Auftrag von Greenpeace
Greenpeace-Stellungnahme zum vorerst abgewendeten Konkursverfahren von Nord Stream 2
Greenpeace-Energieexperte Karsten Smid warnt vor den ökologischen und geopolitischen Folgen der Inbetriebnahme von Nord Stream 2
Greenpeace-Stellungnahme zu EU-Maßnahmenpaket gegen russische Energieimporte
Die Europäische Kommission will Gasimporte aus Russland bis 2027 vollständig stoppen. Heute hat sie Maßnahmen angekündigt, mit denen sie dieses Ziel erreichen will.