Brüssel, 18.04.2007 - Eine Reihe von Umweltverbänden hat Deutschland wegen Verstoßes gegen EU Umweltrecht in Brüssel angezeigt. Die Verbände, darunter Greenpeace, der IFAW, Ocean Care und die Wal- und Delfinschutzorganisation WDCS weisen auf erhebliche Widersprüche zwischen den offiziellen Verlautbarungen der Regierungsparteien und praktizierter Politik hin. So forderten die Vertreter die große Koalition CDU/CSU und SPD am 27.03.2007 die deutsche Bundesregierung auf, sich für die weitere Einrichtung von Schutzgebieten für Wale und Delfine einzusetzen und den Schutz vor negativen anthropogenen Einflüssen durch konkrete Maßnahmen zu verbessern. Nur 48 Stunden später teilt die Bundesregierung auf einem Treffen mit Umweltorganisationen in Bonn mit, dass am 2.4. im Meeresschutzgebiet ,Doggerbank’ in der deutschen Nordsee mit der Suche nach Erdgas begonnen wird.
Dies bedeutet für unsere einheimischen Wale ohrenbetäubenden Lärm, denn bis in den Herbst werden alle 8 Sekunden, 24 Stunden lang, extrem laute Schallimpulse mit einem Spitzenquellschalldruck von mehr als 260 dB ins Wasser geleitet. Diese gefährlichen Impulse werden mit so genanten ,Airguns’ (Luftkanonen) erzeugt. Das Schiff Ocean Explorer (das im Auftrag der BASF Tochtergesellschaft Wintershall arbeitet), zieht dafür ein Gestell von 500m Breite und 5 km Länge hinter sich her und ermittelt aus den Echos mögliche Lagerstätten für Erdgas.
"Der eigentliche Skandal ist, dass die Entscheidung des zuständigen Bergbauamtes entgegen der Empfehlung des zuständigen Umweltamtes (BfN) erteilt wurde", erklärt der Direktor vom IFAW Deutschland Dr. Ralf Sonntag. Der Verhaltensbiologe und Bioakustiker der internationalen Wal- und Delfinschutzorganisation WDCS Dr. Karsten Brensing bringt es auf den Punkt: "Damit verletzt Deutschland europäisches Umweltrecht und gefährdet unsere letzten streng geschützten Wale." Dr. Iris Menn, Meeresbiologin von Greenpeace sagt dazu: "Hier zeigt sich wieder einmal, dass die Bundesregierung aus wirtschaftlichen Interessen den Naturschutz hinten runterfallen lässt, da nutzt es auch nichts, dass Berlin gern damit prahlt, ein Drittel der Nordsee unter Schutz gestellt zu haben. Wofür ist das gut, wenn man den Schutz nicht ernst nimmt?"
Obwohl im Vorfeld der Genehmigung die Bedenken der oben benannten Verbände allen beteiligten Ämtern als auch dem Umwelt- und Wirtschaftsministern mitgeteilt wurden, kam es zu einer Genehmigung durch das Landesbergamt in Clausthal-Zellerfeld. Aus diesem Grund wurde der Fall an das zuständige Umweltdezernat der Europäischen Kommission gemeldet. "Dies bedeutet unter Umständen, dass sich Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof verteidigen muss und mit entsprechenden Strafen zu rechnen hat", erklärt Sigrid Lüber, Vorsitzende der Europäischen Koalition für lärmfreie Ozeane (ECSO).
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