Stuttgart, 24.03.2011 - Die unabhängige Umweltschutzorganisation Greenpeace fordert vom baden-württembergischen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) den Entzug der Betriebsgenehmigung des Atomkraftwerks Neckarwestheim 1. Nur so könne die von Mappus angekündigte dauerhafte Stilllegung des Meilers umgesetzt werden. Zudem soll der Kraftwerksbetreiber EnBW, der zu mehr als 90 Prozent im Besitz der öffentlichen Hand ist, auf die Übertragung der Strommengen aus dem Reaktor verzichten. Neckarwestheim 1 ist zurzeit rechtlich im gleichen Zustand, wie bei einer der regelmäßigen technischen Revisionen. Der Reaktor kann also jederzeit wieder angefahren oder seine Strommengen auf Neckarwestheim 2 übertragen werden.
'Um an der Macht zu bleiben, hat der Wahlkämpfer Mappus in der aktuellen Atomdebatte Kreide gefressen und das Abschalten von Neckarwestheim 1 angekündigt', sagt Tobias Riedl, Atomexperte bei Greenpeace. 'Der Atomfreund Mappus hat sich aber gleichzeitig alle Hintertüren offen gehalten. Dass die Tage von Neckarwestheim 1 gezählt sind, ist bisher nicht mehr als eine unverbindliche Ankündigung. Wenn Ministerpräsident Mappus es ehrlich meint, muss er noch vor der Wahl den Meiler endgültig stilllegen.'
Mappus hatte am 15. März im Stuttgarter Landtag angekündigt, dass Neckarwestheim 1 dauerhaft abgeschaltet und stillgelegt werde. Bislang gibt es aber lediglich eine Anweisung des Umweltministeriums an den Betreiber, das Atomkraftwerk bis zum 15. Juni nicht ans Netz zu lassen. Den Stilllegungs-Ankündigungen von Mappus und EnBW folgten bisher keine der notwendigen Schritte zur Auflösung der Betriebsgenehmigung. Ein Wiederanfahren von Neckarwestheim 1 nach dem dreimonatigen Moratorium ist daher möglich. Bei einer Abschaltung von Neckarwestheim 1 darf die EnBW nach geltendem Gesetz die durch die Laufzeitverlängerung hinzugekommenen Strommengen auf den jüngeren Reaktor am Standort übertragen. Neckarwestheim 2 würde in diesem Fall voraussichtlich bis ins Jahr 2043 laufen und wäre damit der letzte Reaktor, der in Deutschland abgeschaltet würde.
Dass Ministerpräsident Mappus nicht über Nacht zum Atomkraftgegner geworden ist, ist auch daran abzulesen, dass er weiterhin Stimmung gegen einen Atomausstieg macht. So behauptet er, dass durch das Abschalten der Atomkraftwerke der Strompreis explodieren würde und die Versorgungssicherheit nicht mehr gewährleistet wäre.
'Durch das Abschalten von Atomkraftwerken wird sich der Strompreis nicht wesentlich erhöhen. Auch die Stromversorgung bleibt gewährleistet. Das hat die Kanzlerin mit dem vorläufigen Abschalten der sieben Atomkraftwerke selbst bewiesen,' so Riedl.
Laut Umweltbundesamt können neun Meiler in Deutschland sofort abgeschaltet werden, ohne dass es zu Engpässen bei der Stromversorgung kommt. Entwarnung auch bei den Strompreisen für Privatkunden: Die Stromerzeugungskosten haben nur einen Anteil von weniger als 30 Prozent am Endkundenpreis. Verschiedene Gutachten belegen, dass der Effekt des Atomausstiegs auf die Strompreise bei weniger als 0,5 Cent pro Kilowattstunde läge. Verantwortlich für Strompreisanstiege sind die Atomkonzerne, die seit 2002 ihre Gewinne auf über 100 Milliarden Euro vervierfachten. Die Verbraucherpreise stiegen im gleichen Zeitraum um 50 Prozent.
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