Hamburg, 01.04.2011 - Nach einer von Greenpeace in Auftrag gegebenen juristischen Bewertung entsprechen die neuen Grenzwerte der EU-Kommission für japanische Lebensmittel nicht geltendem Recht. Die sogenannte Fukushima-Eilverordnung vom 25. März 2011 regelt als Durchführungsverordnung EU-weit die Kontrollen und Grenzwerte für Lebensmittel, die mit radioaktivem Jod-131 oder Cäsium-134 verunreinigt sein könnten. Basis dieser Regelung ist eine EU-Verordnung aus 2002. Demnach kann eine Grenzwertänderung nur dann eingeführt werden, wenn sie für eine Verbesserung des Verbraucherschutzes erforderlich ist. Gemäß der Greenpeace Rechtsexpertise stellt die EU-Durchführungsverordnung für radioaktives Cäsium jedoch eine Verschlechterung des Schutzniveaus dar.
'Dem Verbraucher wird nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima ein Mehrfaches an radioaktivem Cäsium zugemutet. Das entspricht nicht dem vorbeugenden Gesundheitsschutz, es ist sogar rechtswidrig' , sagt Manfred Santen, Chemiker bei Greenpeace.
Mit der Eilverordnung hat sich die mögliche Strahlenbelastung für japanischen Importfisch verdoppelt. Der Grenzwert für Cäsium stieg von 600 Becquerel pro Kilogramm Fisch auf 1250 Becquerel. Der Grenzwert für Milcherzeugnisse wurde von 370 Becquerel pro Kilogramm auf 1000 Becquerel pro Kilogramm erhöht. Lediglich bei Säuglingsnahrung fiel die Erhöhung von 370 auf 400 Becquerel pro Kilogramm vergleichsweise moderat aus.
Die am 25. März erlassene Verordnung sieht nur Lebensmittelkontrollen für Cäsium und Jod in japanischen Produkten vor. Radioaktivität macht jedoch nicht an den japanischen Grenzen halt. Greenpeace fordert daher, alle Fische und Meeresfrüchte aus den Hauptfanggebieten des pazifischen Raumes zu berücksichtigen. Die Kontrollen müssen auf Strontium sowie Plutonium und andere Alphastrahler ausgeweitet werden. Aus den havarierten Reaktoren in Fukushima treten neben radioaktivem Cäsium und Jod weitere Radionuklide wie Strontium, Plutonium und Transplutonium-Elemente aus und werden in und über dem Meer freigesetzt. Die radioaktiven Partikel können mit den Meeresströmungen auch in die Beringsee verfrachtet werden, aus der ein Großteil der in Deutschland verkauften Fische stammt.
'Der vorsorgende Verbraucherschutz muss oberstes Gebot sein', sagt Santen. 'Die Anhebung der Grenzwerte muss rückgängig gemacht werden'. Nach Auffassung von Greenpeace müssen die Grenzwerte auf ein Minimum gesenkt werden. Die von den Landesbehörden durchgeführten Kontrollen sollten transparent erfolgen, die Ergebnisse zeitnah veröffentlicht werden. Die Umweltorganisation veröffentlicht heute eine Tabelle, in der die umstrittenen EU-Grenzwerte mit den von kritischen Strahlenbiologen sowie Weltgesundheitsorganisation WHO und Welternährungsorganisation FAO empfohlenen Richtwerten verglichen werden.
Über Greenpeace e.V.
Greenpeace arbeitet international, setzt sich mit direkten, gewaltfreien Aktionen für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen von Mensch und Natur und Gerechtigkeit für alle Lebewesen ein.
Das verwendete Bildmaterial steht 14 Tage nach Veröffentlichung zum Download für Medien zur Verfügung. Lieferbedingungen: keine Weitergabe an Dritte, kein Weiterverkauf, keine Archivierung, nur für redaktionelle Zwecke, Quellenangabe obligatorisch.
Kontaktdaten
-
- Pressestelle
- Allgemeine journalistische Anfragen, Erreichbarkeit montags bis freitags 9-14 Uhr
- presse@greenpeace.de
- 040-30618340
-
- Fotoredaktion
-
Anfragen für Bilder //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - photo@greenpeace.de
-
- Videodokumentation
-
Anfragen für Videomaterial //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - video@greenpeace.de
Verwandte Themen
Verwandte Presseaussendungen
Greenpeace-Studie: Energiehunger von Künstlicher Intelligenz gefährdet Energiewende
Der Energiebedarf von KI-Anlagen gefährdet die Fortschritte der weltweiten Energiewende, so eine aktuelle Studie des Öko-Instituts im Auftrag von Greenpeace
Greenpeace-Stellungnahme zum vorerst abgewendeten Konkursverfahren von Nord Stream 2
Greenpeace-Energieexperte Karsten Smid warnt vor den ökologischen und geopolitischen Folgen der Inbetriebnahme von Nord Stream 2
Greenpeace-Stellungnahme zu EU-Maßnahmenpaket gegen russische Energieimporte
Die Europäische Kommission will Gasimporte aus Russland bis 2027 vollständig stoppen. Heute hat sie Maßnahmen angekündigt, mit denen sie dieses Ziel erreichen will.
1200 Menschen demonstrieren in Reichling gegen Gasbohrungen in Bayern
In Reichling haben 1200 Menschen gegen Gasbohrungen in Bayern protestiert. Fridays for Future, Bund Naturschutz, Greenpeace, Protect the Planet und die örtliche Bürgerinitiative hatte zu der Kundge...
Greenpeace-Studie: Speichervolumen von CO2-Endlagern in der Nordsee stark überschätzt
Die geplanten Endlager für Kohlenstoffdioxid in der Nordsee können nicht so viel klimaschädliches CO2 aufnehmen wie von der Politik in Aussicht gestellt, so eine aktuelle Studie von Greenpeace.