Hamburg, 10.05.2011 - Zwei Monate nach dem Erdbeben in Japan ist weder die Freisetzung von Radioaktivität noch die Gefahr einer weiteren Kernschmelze im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi gebannt. Die geplante Flutung des Atomreaktors 1 birgt darüber hinaus hohe Risiken, wie eine von Greenpeace in Auftrag gegebene Risikobewertung belegt. In die Betonhülle um den Reaktordruckbehälter sollen 7.400 Tonnen Frischwasser eingeleitet werden. Nach einem Gutachten des Londoner Ingenieurbüros Large Associates kann es dabei zum Bruch des Sicherheitsbehälters kommen. Fukushima-Betreiber TEPCO hat bisher keine Erkenntnisse über Lage und Größe der Risse und Lecks im Behälter nach Erdbeben und Explosionen vorlegt.
"Die strahlende Atomruine in Fukushima ist noch lange nicht unter Kontrolle", sagt Greenpeace-Energieexperte Christoph von Lieven. "Im schlimmsten Fall kann der geplante Wassersarkophag eine massive Verschlechterung bewirken. Es ist hoch riskant, ohne genaues Wissen über Lecks tausende Tonnen Wasser hineinzupumpen. Greenpeace hofft trotz aller Risiken, dass die Freisetzung von Radioaktivität möglichst schnell beendet und eine vollständige Kernschmelze verhindert werden kann."
Obwohl Experten vor Undichtigkeiten in Reaktor 1 warnen, ist es TEPCO bisher nicht gelungen, die Position der Lecks zu orten und zu klären, ob sie die Sicherheit des Betonmantels beeinträchtigen. Sollte es zu einer weiteren Beschädigung durch das Gewicht des eingeleiteten Wassers kommen, liegen offenbar keine Notfallpläne zur Bergung des Reaktordruckbehälters und der Eindämmung radioaktiver Kontamination vor. In einer Studie hatte bereits die amerikanische Atomaufsicht vor Gefahren gewarnt, die durch große Wassermassen in den Sicherheitsbehältern entstehen. Die Sicherheitsbehälter könnten bersten, wenn es zu Erderschütterungen kommt.
Sollte der Sicherheitsbehälter im Zuge der Flutung beschädigt werden, könnten auch die Arbeiten an den übrigen defekten Reaktoren nicht fortgesetzt werden. Sollte der Sicherheitsbehälter der Flutung stand halten, trifft TEPCO keine Aussagen über den weiteren Umgang mit der Gebäuderuine, über deren Instandhaltung oder Entsorgung.
"Das planlose und hochriskante Vorgehen der japanischen Regierung und der Betreiberfirma zeigt deutlich, dass auch eine hochtechnisierte Gesellschaft einen solchen Atomunfall nicht beherrschen kann '
, sagt Lieven. "Die Reaktorsicherheits- und Ethikkommission müssen für einen schnellstmöglichen Atomausstieg mit fixen Abschaltdaten und einen forcierten Einstieg in die Erneuerbaren Energien eintreten."
Gestern hat die Ethikkommission bekannt gegeben, dass ein Atomausstieg bis spätestens 2021 möglich sei. Greenpeace fordert ein Abschalten aller Reaktoren bis 2015. In ihrem Energiekonzept Der Plan zeigt die Umweltorganisation auf, wie eine vollständige Energieversorgung mit Erneuerbaren Energien bis 2050 machbar ist.
Über Greenpeace e.V.
Greenpeace arbeitet international, setzt sich mit direkten, gewaltfreien Aktionen für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen von Mensch und Natur und Gerechtigkeit für alle Lebewesen ein.
Kontaktdaten
-
- Pressestelle
- Allgemeine journalistische Anfragen, Erreichbarkeit montags bis freitags 9 - 14 Uhr
- presse@greenpeace.de
- 040-30618340
-
- Michael Weiland
- Pressesprecher Klimakrise, Energiewende
- michael.weiland@greenpeace.org
- 0160-1745772
-
- Fotoredaktion
-
Anfragen für Bilder //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - photo@greenpeace.de
Link kopieren
https://presseportal.greenpeace.de/207013-fukushima-atomanlagen-noch-nicht-unter-kontrolleVerwandte Themen
Verwandte Veröffentlichungen
Greenpeace-Aktive setzen Leuchtzeichen am Reichstag gegen ein aufgeweichtes Klimaschutzgesetz
Mit einer Projektion an die Fassade des Berliner Reichstages protestieren Aktive von Greenpeace heute gegen den Versuch der Regierungskoalition, das aufgeweichte Klimaschutzgesetz im Bundestag zu b...
Greenpeace-Stellungnahme zum Jahrestag des Atomausstiegs in Bayern
Energie-Expertin Saskia Reinbeck von Greenpeace in Bayern zieht eine Bilanz des ersten Jahrs ohne Atomstrom und fordert von Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) einen zügigere...
Greenpeace-Studie: Ukraine kann Energiebedarf nur mit Wind und Sonne auf Bruchteil der Landesfläche decken
Um den gesamten Strombedarf der Ukraine alleine mit Solar- und Windenergie zu decken, benötigt das Land nur ein Hundertstel seiner dafür geeigneten Landesfläche.
Stellungnahme zum Erfolg der Klimaklage vor dem EGMR
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat bestätigt, dass mangelnder Klimaschutz Menschenrechte verletzt. Für Gianna Martini, Greenpeace-Expertin für Klima und Energie, ist da...
Greenpeace-Studie belegt: Im Jahr nach dem Atomausstieg sinken CO2-Ausstoß und Strompreise
Die Stromerzeugung in Deutschland verursacht im ersten Jahr ohne Atomstrom weniger Treibhausgase und ist günstiger sowie sicherer geworden als im Vorjahreszeitraum.