Hamburg, 05.06.2011 - Einen Tag vor der Entscheidung der Regierung für einen Atomausstieg in Deutschland fordert die Umweltschutzorganisation Greenpeace Bundeskanzlerin Merkel (CDU) auf, zentrale Empfehlungen der Ethik-Kommission nicht länger zu ignorieren, sondern umzusetzen. Im Bericht der Ethik-Kommission heißt es, dass im besten Fall der Zeitraum des Ausstiegs von zehn Jahren verkürzt werden kann. Eine heute von Greenpeace vorgelegte vergleichende Bewertung der Kommissionsempfehlungen und der Regierungsabsichten zeigt, dass die Bundesregierung die dazugehörigen Schritte in ihren Plänen nicht berücksichtigt.
'Frau Merkel ignoriert die wichtigste Empfehlung von Klaus Töpfer und der Ethik-Kommission. Sie pickt sich aus dem Bericht, den sie selbst in Auftrag gegeben hat, nur das heraus, was ihr in den Kram passt', kritisiert Heinz Smital, Atom-Experte von Greenpeace. 'Frau Merkel sollte einen Entwurf vorlegen, der einen früheren Ausstieg möglich macht.'
In der Bewertung der Umweltschutzorganisation wurden 15 Empfehlungen der Ethik-Kommission beurteilt und mit den Vorhaben der Regierung verglichen. Es wurde untersucht, ob sich grundsätzliche Erkenntnisse und Empfehlungen der Kommission in der geplanten Gesetzgebung wiederfinden und auch, ob konkrete Maßnahmen berücksichtigt werden. Das Maßnahmenpaket, das die Ethik-Kommission vorgeschlagen hat, beurteilt Greenpeace als sehr vernünftig und unbedingt notwendig.
Am Vorgehen der Bundesregierung kritisiert Greenpeace vor allem, dass in der geplanten 13. Novelle des Atomgesetzes keine Klausel eingeführt werden soll, die es erlauben würde, früher als geplant aus der gefährlichen Atomkraft auszusteigen, falls die Fortschritte bei der Energiewende dies zulassen. Bemängelt wird auch, dass die Regierung die Rückholbarkeit des Atommülls nicht zwingend vorschreibt und die daraus resultierende Standortsuche für ein Endlager jenseits von Gorleben nicht einfließen lässt. Laut Greenpeace fehlt in den Regierungsplänen auch ein Einstiegsplan in eine nachhaltige Energieversorgung, sowie ein dafür notwendiges Energiekonzept bis 2050. Gleichzeitig ist im Gesetzesentwurf kein parlamentarischer Beauftragter für die Energiewende vorgesehen, der der Regierung auf Basis eines Monitorings jährlich Handlungsempfehlungen und Grundlagen für Lenkungsentscheidungen vorlegt.
Im Abschlussbericht der Ethik-Kommission heißt es: 'Der schnellstmögliche Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie ist ethisch gut begründet, aus Sicht der Kommission geboten und nach Maßgabe der Umsetzung der Maßnahmen möglich. Im besten Fall kann der vorgenannte Zeitraum des Ausstiegs von zehn Jahren verkürzt werden.' Die Kommission ist von Angela Merkel nach dem verheerenden Erdbeben und den daraus resultierenden dreifachen Kernschmelze im japanischen Atomkraftwerk Fukushima eingesetzt worden. Sie hat ihren Abschlussbericht am 30. Mai der Öffentlichkeit vorgestellt und der Regierungen einen schnellen und endgültigen Atomausstieg empfohlen. Besondere Bedeutung erhält die Arbeit dadurch, dass sie eine Brücke schlägt zwischen den zerstrittenen Positionen für und gegen die Atomkraft.
Über Greenpeace e.V.
Greenpeace arbeitet international, setzt sich mit direkten, gewaltfreien Aktionen für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen von Mensch und Natur und Gerechtigkeit für alle Lebewesen ein.
Kontaktdaten
-
- Pressestelle
- Allgemeine journalistische Anfragen, Erreichbarkeit montags bis freitags 9 - 14 Uhr
- presse@greenpeace.de
- 040-30618340
-
- Michael Weiland
- Pressesprecher Klimakrise, Energiewende
- michael.weiland@greenpeace.org
- 0160-1745772
-
- Fotoredaktion
-
Anfragen für Bilder //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - photo@greenpeace.de
Link kopieren
https://presseportal.greenpeace.de/206989-greenpeace-empfehlungen-der-ethik-kommission-umsetzenVerwandte Themen
Verwandte Veröffentlichungen
Greenpeace-Aktive setzen Leuchtzeichen am Reichstag gegen ein aufgeweichtes Klimaschutzgesetz
Mit einer Projektion an die Fassade des Berliner Reichstages protestieren Aktive von Greenpeace heute gegen den Versuch der Regierungskoalition, das aufgeweichte Klimaschutzgesetz im Bundestag zu b...
Greenpeace-Stellungnahme zum Jahrestag des Atomausstiegs in Bayern
Energie-Expertin Saskia Reinbeck von Greenpeace in Bayern zieht eine Bilanz des ersten Jahrs ohne Atomstrom und fordert von Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) einen zügigere...
Greenpeace-Studie: Ukraine kann Energiebedarf nur mit Wind und Sonne auf Bruchteil der Landesfläche decken
Um den gesamten Strombedarf der Ukraine alleine mit Solar- und Windenergie zu decken, benötigt das Land nur ein Hundertstel seiner dafür geeigneten Landesfläche.
Stellungnahme zum Erfolg der Klimaklage vor dem EGMR
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat bestätigt, dass mangelnder Klimaschutz Menschenrechte verletzt. Für Gianna Martini, Greenpeace-Expertin für Klima und Energie, ist da...
Greenpeace-Studie belegt: Im Jahr nach dem Atomausstieg sinken CO2-Ausstoß und Strompreise
Die Stromerzeugung in Deutschland verursacht im ersten Jahr ohne Atomstrom weniger Treibhausgase und ist günstiger sowie sicherer geworden als im Vorjahreszeitraum.