Hamburg, 08.08.2011 - Die vom Bundeslandwirtschaftsministerium vorgeschlagenen Fischereimaßnahmen in den Meeresschutzgebieten der Nord- und Ostsee verstoßen gegen europäisches und deutsches Naturschutzrecht. Zu diesem Schluss kommt eine heute von Greenpeace vorgelegte Rechtsexpertise. Die vom Bundesministerium geplanten Maßnahmen würden die Stellnetze in den NATURA 2000-Schutzgebieten weiterhin erlauben. In den Netzen verheddern sich in großer Zahl Schweinswale, die dann qualvoll ertrinken. Akustische Scheuchvorrichtungen, die sogenannten Pinger, sollen sie von den Netzen fernhalten. Das Signal verjagt die Tiere jedoch aus den eigens für sie eingerichteten Schutzgebieten. Greenpeace fordert von Ministerin Ilse Aigner (CSU) den Ausschluss der Fischerei aus den NATURA 2000-Schutzgebieten.
'Der Vorschlag ist absurd', sagt Thilo Maack, Meeresbiologe von Greenpeace. 'Erst richtet man Schweinswalschutzgebiete ein, um die Tiere zu schützen und dann will man sie von dort vertreiben. Schutz sieht anders aus.' Auch Grundschleppnetzfischerei soll weiter in den Schutzgebieten erlaubt bleiben. Sie zerstört seltene Steinriffe und Sandbänke, die neben Schweinswalen Hauptgrund für die Einrichtung der Schutzgebiete sind.
Mit Natur-Felsbrocken hatten Greenpeace-Aktivisten vergangene Woche erneut einen Teil des Meeresschutzgebiets Sylter Außenriff vor zerstörerischer Fischerei geschützt. Bereits 2008 hatten Aktivisten 320 Felsen im Meer versenkt. Taucher der unabhängigen Umweltschutzorganisation haben die Meeresumwelt um die versenkten Naturfelsen regelmäßig untersucht. Diese sind mittlerweile mit zahlreichen Meeresorganismen bewachsen und in das natürliche Riff integriert. Das Gebiet gilt als die deutsche Schweinswalkinderstube. Es ist eines von zehn NATURA 2000-Meeresschutzgebieten, die Deutschland an die Europäische Union gemeldet hat.
Obwohl das 5300 Quadratkilometer große Sylter Außenriff schon im Jahr 2004 als Schutzgebiet ausgewiesen wurde, bringen Fischer dort ihre Stell- und Schleppnetze aus. In den Stellnetzen ertrinken die Schweinswale. Beim Fang von Schollen, Seezungen und Krabben landen auch junge Fische und andere Meerestiere in den Maschen, die als toter Beifang über Bord geworfen werden. Laut der Rechtsexpertise verstößt die Stellnetzfischerei und der Einsatz von Pingern in den Schutzgebieten gegen die europäischen und nationalen Regelungen zum Gebiets- und Artenschutzrecht, denn ökologisch wertvolle und besonders geschützte Gebiete sind strikt zu schützen.
Die Gemeinsame Europäische Fischereipolitik (GFP) soll bis Ende 2012 reformiert werden. Greenpeace fordert den Abbau der Überkapazitäten in der Fischfangflotte, wissenschaftsbasierte Fangquoten und die Ausweisung großflächiger Meeresschutzgebiete, in denen keine Fischerei stattfindet. Nur das könnte eine Erholung für die überfischten Bestände und ein langfristiges Überleben des Fischereisektors sichern.
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