Hamburg, 5. 3. 2003 – Erstmals verschweigen Behörden und ein Gen-Konzern der Öffentlichkeit die entscheidenden Details über genmanipulierte Pflanzen, die demnächst auf Versuchsfeldern in Deutschland wachsen könnten. Das haben Recherchen von Greenpeace ergeben. Es handelt sich um genmanipulierten Weizen, der nach Angaben des Herstellers, dem Schweizer Saatgut-Konzern Syngenta, einem Pilzbefall widerstehen soll.
Doch viel mehr will die zuständige Genehmigungs-Behörde, das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin, der Öffentlichkeit nicht mitteilen. Es wird verheimlicht, welches spezifische Gen in die Pflanze eingebaut wurde und aus welchem Organismus es stammt. Ohne diese Informationen können Bürger jedoch nicht beurteilen, ob ihre Rechte betroffen sind und sie Einwendungen gegen die beantragten Versuchsfelder einlegen müssen. Greenpeace fordert, das Zulassungsverfahren auszusetzen, bis die Daten über die Genmanipulation offengelegt sind.
"Diese Geheimniskrämerei schürt nicht nur Misstrauen, sie verhindert auch, dass Betroffene ihre Rechte wahrnehmen können", sagt Ulrike Brendel, Gentechnik-Expertin von Greenpeace. "Gentechnik auf dem Acker birgt Gefahren für Umwelt und Verbraucher. Die Behörde darf diese Daten nicht zurückhalten mit dem scheinheiligen Hinweis, es handele sich um vertrauliche Unternehmensinformation."
Syngenta reichte den Antrag (Nr. 6786-01-143) für den Versuchsanbau von genmanipulierten Weizen im Oktober 2002 beim RKI ein. Die Einwendungsfrist endet am kommenden Montag. Damit die Öffentlichkeit sich noch ausreichend an dem Verfahren beteiligen kann, fordert Greenpeace von der Behörde, nach Bekanntgabe der Daten eine neue Einwendungsfrist von einem Monat zu gewähren. Genehmigt das RKI den geplanten Anbau des Gen-Weizens ohne neues Verfahren, will Greenpeace den Fall von einem Gericht prüfen lassen.
Der Antrag von Syngenta ist aus einem weiteren Grund von Bedeutung: Versuche im Freiland sind der erste Schritt zum kommerziellen Anbau. Zwar wird Gen-Weizen in einigen Ländern bereits auf Äckern getestet, aber nirgends kommerziell angebaut. In Nordamerika planen die Gen-Konzerne Syngenta und Monsanto den großflächigen Anbau, sehen sich jedoch einer breiten Front von Kritikern gegenüber. Nicht nur Umwelt- und Verbraucherschützer, auch Bauernverbände, Weizenverarbeiter und Importeure sprechen sich gegen Gen-Weizen aus. Im Gegensatz zu den bisherigen Gen-Gewächsen wie Soja und Mais würde der Weizen nicht überwiegend in Tierfutter, sondern hauptsächlich in Nahrung gelangen.
"Hier wird Politik auf Kosten der Verbraucher und der Umwelt gemacht. Weizen spielt in unserer Ernährung eine wichtige Rolle. Er wird weitgehend unverarbeitet für Brot, Kuchen oder Nudeln verwendet. Die möglichen Gefahren für die Gesundheit sind nicht erforscht, die Mehrheit der Verbraucher in Europa lehnt genmanipulierte Nahrungsmittel ab", erklärt Brendel. "Jetzt muss auch die Politik handeln. Verbraucherministerin Renate Künast muss dafür sorgen, das genmanipulierter Weizen erst gar nicht in Deutschland angebaut wird."
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