Hamburg, 28.04.2009 - Das vor einem Jahr in Kraft getretene Verbraucherinformationsgesetz (VIG) hat sich als Fehlschlag erwiesen. Diese Bilanz zieht Greenpeace auf Basis eigener Anträge und der geringen Nutzung des Gesetzes durch die Bürger. Häufig ist unklar, an welche Stellen sich Antragsteller wenden müssen, wie viel die Anfragen kosten und welche Daten überhaupt freigegeben werden. Das VIG wurde nach zahlreichen Gammelfleisch-Skandalen verabschiedet. Greenpeace fordert, dass die aktuellen Ergebnisse der Lebensmittelkontrollen auch ohne Antrag regelmäßig im Internet veröffentlicht werden.
"Das Gesetz ist eine Mogelpackung. Aktuelle Informationen bleiben damit Mangelware", sagt Manfred Redelfs von der Greenpeace-Rechercheabteilung. "Wenn die Bundesregierung den Verbraucher ernst nimmt, sollte sie endlich ein Gesetz vorlegen, das einen weitreichenden Auskunftsanspruch garantiert, eng gefasste Ausnahmeklauseln hat und kurze Antwortfristen vorgibt."
Auf einige VIG-Anfragen von Greenpeace zur Pestizidkontrolle bei Obst und Gemüse und Verstößen gegen die Kennzeichnungspflicht bei Gen-Food liegen auch ein Jahr später noch keine Antworten vor. Als Begründung nannten die Behörden in Niedersachsen die Erkrankung einer Mitarbeiterin. Sachsen-Anhalt betrachtet die Information, welche Geschäfte pestizidbelastetes Obst und Gemüse verkauft haben, als schützenswerte "sonstige wettbewerbsrelevante Information" und machte keine Angaben über die Verkaufsstellen. Die Stadt Hamburg teilte mit, es gebe keine Verstöße gegen die Gentechnik-Kennzeichnungsverordnung, verlangte für diese Auskunft aber 96 Euro.
"Hinzu kommt, dass die Behörden das schlechte Gesetz auch noch gegen Verbraucherinteressen auslegen", kritisiert Redelfs. Bisher nutzt in Deutschland nur der Bezirk Berlin-Pankow die Möglichkeit, im Internet aufzulisten, welche Beanstandungen bei der Hygienekontrolle in Restaurants und Imbissen festgestellt worden sind. Solche Übersichten sind in Dänemark schon seit Jahren üblich.
Eine Reform des Verbraucherinformationsgesetzes muss zudem dazu genutzt werden, die bestehenden Informationszugangsgesetze in einer Regelung zu bündeln. Aktuell gibt es mit dem Umweltinformationsgesetz, dem Informatonsfreiheitsgesetz und dem Verbraucherinformationsgesetz des Bundes sowie eigenen Regelungen der Länder insgesamt 29 verschiedene Informationszugangsbestimmungen. "Wer wirklich mehr Transparenz und Bürgernähe will, sollte auch bei den gesetzlichen Bestimmungen transparent sein", so Redelfs.
Über Greenpeace e.V.
Greenpeace arbeitet international, setzt sich mit direkten, gewaltfreien Aktionen für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen von Mensch und Natur und Gerechtigkeit für alle Lebewesen ein.
Das verwendete Bildmaterial steht 14 Tage nach Veröffentlichung zum Download für Medien zur Verfügung. Lieferbedingungen: keine Weitergabe an Dritte, kein Weiterverkauf, keine Archivierung, nur für redaktionelle Zwecke, Quellenangabe obligatorisch.
Kontaktdaten
-
- Pressestelle
- Allgemeine journalistische Anfragen, Erreichbarkeit montags bis freitags 9-14 Uhr
- presse@greenpeace.de
- 040-30618340
-
- Fotoredaktion
-
Anfragen für Bilder //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - photo@greenpeace.de
-
- Videodokumentation
-
Anfragen für Videomaterial //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - video@greenpeace.de
Link kopieren
https://presseportal.greenpeace.de/206602-verbraucherinformationsgesetz-ist-ein-fehlschlagVerwandte Themen
Verwandte Presseaussendungen
Greenpeace-Stellungnahme zum Bericht der AG Landwirtschaft in den Koalitionsverhandlungen
Anne Hamester, Landwirtschaftsexpertin bei Greenpeace, sieht in der Unverbindlichkeit die Gefahr, dass vereinbarte Klimaziele und der dringend notwendige Arten- und Umweltschutz in Gefahr geraten
Stellungnahme zum Stickstoff-Urteil in den Niederlanden
Zugunsten strengerer Umweltauflagen für die niederländische Landwirtschaft hat heute das nationale Zivilgericht in Den Haag entschieden. Um die umweltschädlichen Stickstoffemissionen zu verringern,...
Greenpeace-Umfrage: Große Mehrheit fordert von Agrarminister:in auch Verbraucherpolitik
Knapp drei Viertel der Bundesbürger:innen erwarten in einer Umfrage vom künftigen Bundeslandwirtschaftsministerium, dass die Interessen von Landwirt:innen und Verbraucher:innen gleichrangig behande...
Stellungnahme zum Vorschlag von Olaf Scholz, die Mehrwertsteuer für Lebensmittel zu senken
Olaf Scholz will den Mehrwertsteuersatz auf Lebensmittel von sieben auf fünf Prozent abzusenken. Greenpeace begrüßt den Vorschlag und fordert eine generationenübergreifend klimagerechte Mehrwertste...
Klimakrise: Greenpeace-Aktive protestieren gegen Methanemissionen aus Fleisch- und Milchindustrie
Auf die besondere Verantwortung der Fleisch- und Milchindustrie in der Klimakrise machen Aktivist:innen von Greenpeace heute bei der Unternehmensgruppe Theo Müller aufmerksam. Mit hohen Milchtüten,...