Nach Greenpeace-Aktion bei Bagdad: Strahlenexperte der US-Armee unterstützt Forderung nach internationaler Untersuchung der verstrahlten Region
Hamburg/Bagdad, 25. 6. 2003 – Die gestrige Greenpeace-Aktion bei der irakischen Nuklearanlage Tuwaitha zeigt erste Wirkung: Ein Gesundheits- und Strahlenexperte des US-Militärs unterstützt die Forderung von Greenpeace, den UN-Experten der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) uneingeschränkten Zugang zu gewähren. Sie sollen das Ausmaß der radioaktiven Verseuchung der umliegenden Dörfer bewerten, die durch Plünderung der Atomanlage entstanden ist, und die Region dekontaminieren können. Bislang ließen die Besatzungsmächte den Einsatz der UN-Organisation nur für begrenzte Aufgaben innerhalb der Anlage zu und verweigern ihr umfassende Untersuchungen der Region und ihrer Menschen.
Leutnant Colonel Mark Melanson, der das "US Army Center for Health Promotion and Preventative Medicine" leitet, sagte gegenüber Greenpeace wörtlich: “Ich empfehle der IAEA und der WHO, sich einzumischen und eine Beurteilung der Lage abzugeben. Beide Institutionen waren bereits in ähnlichen Fällen eingebunden. (...) Je schneller dies passiert, desto besser.” Melanson erklärte dies gestern am Rande der Greenpeace-Aktion in Tuwaitha. Aktivisten hatten einen auf öffentlichen Boden zurückgelassenen, großen Behälter für radioaktives Urangemisch zur Nuklearanlage zurückgebracht und ein Transparent entfaltet mit der Aufschrift: “Nukleares Desaster in Al Tuwaitha - Handelt jetzt” (“Nuclear disaster in Al Tuwaitha - Act now”).
“Wir begrüßen die Stellungnahme des US-Militärs vor Ort. Nun müssen schnell Taten folgen”, fordert Stefan Schurig, Leiter des Greenpeace-Energiebereichs in Deutschland. “Unser Team findet täglich weitere Orte, wo die Strahlenbelastung tausendfach höher liegt als der Normalwert. Ein nukleares Desaster kann nur verhindert werden, wenn das Gebiet sofort unter die Kontrolle der Atomenergiebehörde gestellt wird.”
Die US-amerikanischen und englischen Truppen haben nach dem Einmarsch im Frühjahr diesen Jahres in den Irak versäumt, die Nuklearanlage vor Plünderungen zu schützen. Hochradioaktives Material und Fässer mit Urangemischen sind in den Dörfern als Baumaterial und Trinkwasserbehälter genutzt worden. Die Ärzte der Region Tuwaitha sind beunruhigt, weil die Menschen Symptome von Strahlenkrankheit zeigen wie Blutungen und Erbrechen. Sie gehen davon aus, dass es in den nächsten Monaten zu Krebserkrankungen kommen wird.
Die IAEO hatte noch im April von den Besatzungsmächten verlangt, die Kontrolle der Anlage so schnell wie möglich zu übernehmen, und vor der Gefahr von Plünderungen gewarnt. In Tuwaitha lagerten bis zum Sturz von Saddam Hussein im April 2003 Uran und andere nukleare Stoffe, die seit dem Golfkrieg 1991 unter der Kontrolle der Vereinten Nationen waren.
Über Greenpeace e.V.
Greenpeace arbeitet international, setzt sich mit direkten, gewaltfreien Aktionen für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen von Mensch und Natur und Gerechtigkeit für alle Lebewesen ein.
Das verwendete Bildmaterial steht 14 Tage nach Veröffentlichung zum Download für Medien zur Verfügung. Lieferbedingungen: keine Weitergabe an Dritte, kein Weiterverkauf, keine Archivierung, nur für redaktionelle Zwecke, Quellenangabe obligatorisch.
Kontaktdaten
-
- Pressestelle
- Allgemeine journalistische Anfragen, Erreichbarkeit montags bis freitags 9-14 Uhr
- presse@greenpeace.de
- 040-30618340
-
- Fotoredaktion
-
Anfragen für Bilder //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - photo@greenpeace.de
-
- Videodokumentation
-
Anfragen für Videomaterial //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - video@greenpeace.de
Verwandte Themen
Verwandte Presseaussendungen
Greenpeace-Aktivist:innen protestieren vor dem Bohrturm in Reichling: “Gas stoppen”!
An Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger richteten sie mit dem Protest in Reichling die Forderung, die Konzession für die Bohrfirma nicht zu verlängern.
Gasbohrung vor Borkum: Vertrag mit Niederlanden verstößt gegen Grundgesetz und Völkerrecht
Der Vertrag zwischen Deutschland und den Niederlanden zur grenzüberschreitenden Erdgasausbeutung vor der Nordseeinsel Borkum ist verfassungs- und völkerrechtswidrig. Er verstößt sowohl gegen das Pa...
Greenpeace-Stellungnahme zum Bohrbeginn in Reichling
Im oberbayerischen Reichling hat die Gasbohrung begonnen. Das hat die Regierung von Oberbayern bestätigt. Saskia Reinbeck, Klimaschutzexpertin von Greenpeace Bayern, fordert Bayerns Wirtschaftsmini...
Braunkohlekonzern Leag: Analyse warnt vor Finanzierungslücken bei der Rekultivierung der Tagebaue
Der Konzernumbau beim Lausitzer Energiekonzern Leag verschiebt Milliardenrisiken aus dem Braunkohlegeschäft auf die Allgemeinheit, so eine Analyse des Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS)...
Greenpeace-Stellungnahme zu bevorstehender Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes
Sophia van Vügt, Greenpeace-Expertin für Klima- und Energiepolitik, bestreitet, dass CCS dem Klimaschutz hilft.