Hamburg, 22. 8. 2003 – Rund ein Viertel der Trauben in den großen Supermarktketten erreicht oder überschreitet nach Untersuchungen von Greenpeace die Grenzwerte für Pestizid-Rückstände. In 23 von 26 Traubenproben befinden sich Reste von Pestiziden, in rund der Hälfte lassen sich vier oder mehr Spritzmittel nachweisen, in einem Fall sogar acht. Das ist eines der Analyse-Ergebnisse von mehreren Obst- und Gemüsesorten, die das EinkaufsNetz, die Greenpeace-Verbraucherorganisation, bei den Handelsgruppen Lidl, Metro, Rewe, Aldi, Edeka, Tengelmann und Karstadt-Quelle gekauft hat. Der heute veröffentlichte Report über die von März bis August untersuchten insgesamt 100 Stichproben belegt, dass Produkte in Supermärkten häufig die Grenzwerte für Pestizide überschreiten.
"Es ist ein Skandal! Der Lebensmittelhandel bringt immer wieder belastetes Obst und Gemüse auf den Markt, das teilweise wegen überschrittener Grenzwerte nicht verkauft werden dürfte", sagt Eckehard Niemann, Landwirtschaftsexperte von Greenpeace. "Der Handel soll künftig nur noch pestizidfreie Lebensmittel anbieten, die auch von Kleinkindern bedenkenlos gegessen werden können", sagt Niemann.
Überwiegend betroffen von Pestizidfunden sind Läden der Gruppen Lidl, Rewe (Minimal, HL, Penny) und Metro (Kaufhof, Real, Extra). Besonders viele und hohe Pestizid-Rückstände stecken in Paprika, Trauben und Erdbeeren. Unter den in Trauben gefundenen Pestiziden waren die möglicherweise Krebs erregenden Stoffe Dimethoat und Ethofenprox, zudem Chlorpyriphos und Fenitrothion, die vermutlich schon in kleinsten Mengen hormonell wirksam sind und die Fortpflanzung stören können.
Pestizide wurden auch bei einzelnen Proben von Salat, Mango, Kiwi, Zucchini und Chili-Gewürzpulver gefunden. Obst und Gemüse aus Mittelmeerländern waren meist deutlich stärker belastet als holländische oder deutsche Ware. In Bio-Märkten war das untersuchte Obst und Gemüse - bis auf einen Fall mit geringfügiger Belastung - frei von Pestiziden. Erfreulich: In Beeren fand Greenpeace relativ wenige Rückstände und oft sogar keine Schadstoffe.
Selbst wenn die Behörden Verstöße feststellen, erfährt der Verbraucher bisher wegen fehlender Rechtsgrundlagen meist nichts davon. Greenpeace fordert daher von der Bundesregierung, das überfällige Verbraucherinformationsgesetz (VIG) auf den Weg zu bringen. Dann hätten Verbraucher ein Recht auf Informationen rund um alle Lebensmittel. Das VIG würde den Behörden ermöglichen, auch die Namen von Firmen und Produkten zu nennen. "Wenn bei jedem Pestizidfund der Verantwortliche benannt wird, dann verbessert sich die Lage für den Kunden sehr schnell", erklärt Niemann. "Die Nennung einzelner schwarzer Schafe würde verhindern, dass ganze Branchen in Verruf gebracht werden."
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