Hamburg, 29. 8. 2003 - Heute haben Vertreter der US-Regierung bei der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf endgültig die Einrichtung einer Streitfall-Kommission durchgesetzt. Streitpunkt ist ein seit 1999 in der EU bestehendes vorläufiges Verbot der Zulassung von Gen-Pflanzen. Greenpeace sieht darin einen weiteren Versuch der USA, den Widerstand der europäischen Verbraucher gegen Gentechnik in Lebensmitteln brechen zu wollen. Bereits am 13. Mai 2003 haben die USA offiziell angekündigt, die EU vor der WTO zu verklagen. Bisher hatte die EU die Einberufung eines Streitfall-Panels noch abwenden können.
“Mit der Klage vor der WTO ignoriert US-Präsident Bush nicht nur die Interessen der Verbraucher, sondern auch internationales Umweltrecht”, sagt Ulrike Brendel, Gentechnik- Expertin bei Greenpeace. Laut des UN-Abkommens zur biologischen Sicherheit (Biosafety-Protokoll) haben Länder ausdrücklich das Recht, genmanipulierte Organismen aus Gründen der Vorsorge abzulehnen. Das Biosafety-Protokoll, das von über 100 Ländern unterzeichnet wurde, erkennt dabei ausdrücklich die möglichen Gefahren der Gentechnik für die menschliche Gesundheit und die Umwelt an. Die USA haben das Biosafety-Protokoll nicht unterzeichnet. Greenpeace fordert, dass die WTO auf ihrem nächsten Ministertreffen im mexikanischen Cancun (10. bis 14.9.) internationale Umweltabkommen wie das Biosafety-Protokoll anerkennt und unterstützt. Das Biosafety-Protokoll darf nicht durch die WTO-Klage ausgehebelt werden.
In Europa werden nur in Spanien Gen-Pflanzen kommerziell angebaut. Dort wächst seit 1998 genmanipulierter Mais (genannt Bt-176) des Schweizer Konzerns Syngenta. Doch ein neuer Report von Greenpeace und von Friends of the Earth belegt nun, dass Spanien den falschen Weg eingeschlagen hat. “In Spanien tobt das totale Chaos. Gen-Mais gelangt unkontrolliert auf benachbarte Felder und in die Lebensmittel”, so Brendel.
Es gibt keine verlässlichen Zahlen darüber, welche Mengen Gen-Mais, wo und von wem angebaut werden. Bei Tests von spanischem Öko-Mais wurden bereits Verunreinigungen durch Gen-Mais bestätigt. Die betroffenen Landwirte verloren ihre Öko-Zertifizierung und Absatzmärkte. Zudem enthält der angebaute Gen-Mais Bt-176 ein so genanntes Antibiotika-Resistenzgen. Werden diese Gene über die Nahrung aufgenommen, können sie sich auf krankheitserregende Bakterien im menschlichen Darm übertragen und Immunität gegen Antibiotika hervorrufen. Die Britische Ärztevereinigung fordert deshalb ein Verbot solcher Gene im Essen. In Deutschland deckte Greenpeace letztes Jahr drei illegale Äcker mit Bt-176 auf.
Greenpeace fordert, Verbraucher und Landwirte müssen sich auch weiterhin gegen Gentechnik entscheiden können. Von Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) verlangt die Umweltorganisation daher ein öffentliches Gen-Kataster, strenge Überwachungen und klare Haftungsregelungen. Dabei muss das Verursacherprinzip gelten: Wer gefährliche Gen-Pflanzen produziert, muss für die Schäden aufkommen.
Über Greenpeace e.V.
Greenpeace arbeitet international, setzt sich mit direkten, gewaltfreien Aktionen für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen von Mensch und Natur und Gerechtigkeit für alle Lebewesen ein.
Das verwendete Bildmaterial steht 14 Tage nach Veröffentlichung zum Download für Medien zur Verfügung. Lieferbedingungen: keine Weitergabe an Dritte, kein Weiterverkauf, keine Archivierung, nur für redaktionelle Zwecke, Quellenangabe obligatorisch.
Kontaktdaten
-
- Pressestelle
- Allgemeine journalistische Anfragen, Erreichbarkeit montags bis freitags 9-14 Uhr
- presse@greenpeace.de
- 040-30618340
-
- Fotoredaktion
-
Anfragen für Bilder //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - photo@greenpeace.de
-
- Videodokumentation
-
Anfragen für Videomaterial //
Mediendatenbank unter media.greenpeace.org - video@greenpeace.de
Link kopieren
https://presseportal.greenpeace.de/206535-jetzt-amtlich-wto-verhandelt-us-klage-gegen-eu-anbaustopp-von-gen-pflanzenVerwandte Themen
Verwandte Presseaussendungen
Stellungnahme zum Stickstoff-Urteil in den Niederlanden
Zugunsten strengerer Umweltauflagen für die niederländische Landwirtschaft hat heute das nationale Zivilgericht in Den Haag entschieden. Um die umweltschädlichen Stickstoffemissionen zu verringern,...
Greenpeace-Umfrage: Große Mehrheit fordert von Agrarminister:in auch Verbraucherpolitik
Knapp drei Viertel der Bundesbürger:innen erwarten in einer Umfrage vom künftigen Bundeslandwirtschaftsministerium, dass die Interessen von Landwirt:innen und Verbraucher:innen gleichrangig behande...
Stellungnahme zum Vorschlag von Olaf Scholz, die Mehrwertsteuer für Lebensmittel zu senken
Olaf Scholz will den Mehrwertsteuersatz auf Lebensmittel von sieben auf fünf Prozent abzusenken. Greenpeace begrüßt den Vorschlag und fordert eine generationenübergreifend klimagerechte Mehrwertste...
Klimakrise: Greenpeace-Aktive protestieren gegen Methanemissionen aus Fleisch- und Milchindustrie
Auf die besondere Verantwortung der Fleisch- und Milchindustrie in der Klimakrise machen Aktivist:innen von Greenpeace heute bei der Unternehmensgruppe Theo Müller aufmerksam. Mit hohen Milchtüten,...
Greenpeace-Molkerei-Ranking: Weidemilch bleibt Nischenprodukt
Die zweite Molkerei-Abfrage von Greenpeace zeigt, dass die Molkereien weiter hauptsächlich Milch verarbeiten, die von Kühen stammt, die das ganze Jahr im Stall stehen.