Hamburg, 9. 10. 2002 – Giftige und schwer abbaubare Chemikalien gelangen bis in die Hochalpen und belasten selbst Fische in abgelegenen Hochgebirgsseen. Dies belegt eine neue Greenpeace-Studie, für die weltweit erstmals Hochgebirgs-Tiere auf neue Dauergifte, sogenannte POPs (persistent organic pollutants), untersucht wurden.
Greenpeace fand die Dauergifte in Fischen (Bergsaiblingen) aus dem 2800 Meter hoch gelegenen Schwarzsee ob Sölden in den österreichischen Ötztaler Alpen, dem höchsten europäischen See, in dem noch Fische leben. Das Wasser im See stammt ausschließlich von den benachbarten Berggipfeln. Schadstoffe gelangen völlig oder überwiegend über die Atmosphäre in das Gewässer. Die in den Fischen gemessenen Giftkonzentrationen betrugen bei einzelnen POPs bis zu 911 Mikrogramm pro Kilogramm Fettgewebe. Die neuen Dauergifte, wie bromierte Flammschutzmittel, Phthalat-Weichmacher und Chlorparaffine gefährden zusammen mit schon verbotenen Dauergiften wie DDT, Toxaphen und PCBs die Tiere in den Hochgebirgen sowie wichtige Quellgebiete für die Trinkwasserversorgung.
“Gerade bei Hochgebirgen, die fernab von Städten und Chemieanlagen liegen, erwarten wir reine und unberührte Natur”, sagt Manfred Krautter, Chemie-Experte von Greenpeace. “Doch besonders diese Regionen werden stark mit Dauergiften belastet. Die Chemie ist außer Kontrolle, sie verseucht den ganzen Kontinent bis zu den höchsten Berggipfeln. Im internationalen Jahr der Berge muss man für die Alpen Giftalarm geben.”Greenpeace fordert ein internationales Verbot für neue Dauergifte. Zudem muss die EU im Rahmen des neuen Chemikalienrechts eine Zulassungspflicht für gefährliche Stoffe einführen. Zur Zeit muss ein neuer Stoff lediglich angemeldet werden.
Europäische Chemieunternehmen wie BASF, ICI, BP und Atofina stellen die neuen Dauergifte her. Nachdem im letzten Jahr zwölf alte Dauergifte weltweit verboten wurden, produziert die Chemiebranche inzwischen neue Stoffe, die ebenso gefährlich sind. Sie werden über den Effekt der “Globalen Destillation” in die kalten Regionen der Erde transportiert: Die Giftstoffe verdunsten in wärmeren Regionen, wandern in der Atmosphäre und frieren über kalten Gebieten aus, wo sie mit Schnee niedergehen. In den Hochgebirgen steigt dabei die Belastung von Schnee, Gebirgsseen, Pflanzen und Tieren mit der Höhe und sinkender Temperatur. Die Dauergifte bauen sich in der Kälte besonders langsam ab und reichern sich stark in der Nahrungskette an. In der Arktis wurden bereits hohe Giftkonzentrationen in Robben, Walen, Eisbären und den dort heimischen Inuit festgestellt.
Bromierte Flammschutzmittel werden in Elektrogeräten und Bauprodukten eingesetzt, Phthalate sind Weichmacher in PVC-Produkten. Chlorparaffine in Dichtungsmassen und Kabelummantelungen ersetzen die verbotenen PCBs. Diese Chemikalien gelten als Krebs erregend, hormonell wirksam und schädlich für die Fortpflanzung.
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