Hamburg, 23. 4. 2013 – Auf Druck vor allem deutscher Premiumhersteller will die Bundesregierung das geplante CO2-Ziel für Neuwagen in der EU verwässern. Setzt sich Umweltminister Peter Altmaier (CDU) durch, würde der bereits festgelegte CO2-Grenzwert für 2020 von 95 Gramm CO2 je Kilometer (knapp vier Liter Kraftstoff auf 100 km) erst in 2024 erreicht. Zu diesem Ergebnis kommt eine von Greenpeace in Auftrag gegebene Studie, die heute in Brüssel veröffentlicht wird. "Das wären vier verlorene Jahre für den Klimaschutz und die technische Innovation", sagt Greenpeace-Autoexperte Wolfgang Lohbeck.
Schon am morgigen Mittwoch fällt die Vorentscheidung über den künftigen CO2-Grenzwert. Dann stimmt der Umweltausschuss des EU-Parlaments darüber ab. Noch vor der Sommerpause will die irische EU-Präsidentschaft ein finales Ergebnis erreichen.
Im Zentrum des deutschen Vorschlags steht ein Bonussystem, "Supercredits" genannt, für Fahrzeuge, die ganz oder teilweise mit Strom fahren. "Mit willkürlichen Rechentricks will der Minister die Fertigung von Spritschluckern absichern", sagt Lohbeck.
Konkret sieht der Vorschlag der Bundesregierung eine Mehrfachanrechnung der verkauften Elektrofahrzeuge vor. Bei diesem sollen nicht nur die Emissionen der Stromerzeugung für elektrische Antriebe unter den Tisch fallen, sondern Autos mit Elektromotor werden als "Niedrigemissionsfahrzeuge" bis zu 3,5 mal gezählt. Dadurch sinkt der CO2-Ausstoß eines Herstellers auf dem Papier erheblich, de facto aber steigen die Verbräuche und CO2-Emissionen für Autos mit Verbrennungsmotor.
Greenpeace fordert die Bundesregierung auf, keine Rechentricks zu Lasten des Klimas und der Verbraucher anzuwenden. Denn von einem 95-Gramm-Ziel ohne wenn und aber profitieren Umwelt und Autofahrer gleichermaßen: Sinkt der CO2-Ausstoß, gehen auch die Spritkosten zurück.
Die Studie der britischen Beratergruppe Ricardo AEA kommt zu dem Ergebnis, dass Altmaiers Vorschlag die Spritkosten für Verbraucher erheblich erhöhen würde. Volkswagen, Europas absatzstärkster Autobauer, hatte sich im März mit Greenpeace verständigt, auf Schlupflöcher bei der Zielerreichung verzichten zu wollen.
Auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen und der ADAC haben sich gegen die Anrechnung von "Supercredits" ausgesprochen. "Die Bundesregierung sollte sich nicht für eine Verwässerung, sondern für die Verschärfung von CO2-Grenzwerten einsetzen. Mit verbrauchsarmen Fahrzeugen können sich deutsche Hersteller Wettbewerbsvorteile verschaffen", so Lohbeck.
Der Studie zufolge würde die von der Bundesregierung angestrebte Verschiebung des CO2-Ziels um vier Jahre die CO2-Emissionen der europäischen Autoflotte bis 2030 um bis zu zehn Prozent erhöhen. Schlupflöcher für Elektrofahrzeuge würden zudem die Rechnung für Öleinfuhren in der EU um 2,5 bis 8,4 Milliarden Euro im Jahr 2030 steigern.
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