Hamburg/Bitterfeld, 16. August 2002 – Zur Sicherung des Chemiestandortes Bitterfeld vor der Flut fordert Greenpeace umfassendere Maßnahmen. Nach Informationen der örtlichen Behörden muss noch im Laufe des heutigen Tages mit einer Überflutung der Chemieanlagen gerechnet werden. Dennoch sind die Anlagenbetreiber und die Behörden nicht ausreichend auf die Flut vorbereitet. Erst nach Aufforderung von Greenpeace hat die Firma Bayer gestern damit begonnen, Gefahrgüter auf dem Betriebsgelände zu sichern. Auch andere Risikostoffe der 350 in Bitterfeld ansässigen Firmen sind nach Ansicht von Greenpeace nicht ausreichend gesichert.
"In Bitterfeld wird mit Stoffen hantiert, die bei Berührung mit Wasser hochexplosiv reagieren können", erklärt Manfred Krautter, Chemie-Experte von Greenpeace. "Nach Auskunft von Werksleitern geht auch bei gefährlichen Stoffen wie Chlor die Produktion derzeit noch im vollem Umfang weiter. Es scheint, als würden sich die politisch Verantwortlichen derzeit weitgehend auf die Vorsorge durch die Leitung des Chemieparks verlassen. Nach unseren Informationen liegt derzeit nicht einmal dem Krisenstab im Bundesministerium für Umwelt ein vollständige Liste vor, auf der mögliche Störfallanlagen mit hohem Gefahrpotential aufgelistet sind."
Greenpeace fordert, dass die Produktion in Betrieben, die der Störfallverordnung unterliegen, sofort gestoppt wird. Weiterhin müssen die örtlichen Behörden umfassend über mögliche Gefährdungen durch Altchemikalien aus der Zeit der DDR informiert werden.
Die Liste der von Greenpeace beanstandeten Gefahrenstoffe ist lang: Der Geschäftsführer der Chlorproduktion bei ECI Chemie in Bitterfeld bestätigte auf Anfrage der Umweltschutzorganisation heute Mittag, dass die Anlage noch im vollem Umfang laufe. Auf dem Gelände der BNT Chemicals befinden sich Fässer und Kleincontainer mit gesundheitsgefährdenden Stoffen wie TBT, das nach Ansicht der WHO eines der stärksten Umweltgifte ist. In der Nähe der Stadt befinden sich zudem Tankwaggons, die laut Kennzeichnung mit hochexplosivem gelbem Phosphor gefüllt sind.
Als eine mögliche Gefahrenquelle gilt vor allem das stark mit Schwermetallen und anderen Giftstoffen belastete Grundwasser. Durch die Überflutung droht das Grundwasser hochgedrückt zu werden. Falls der Chemiepark tatsächlich vom Hochwasser überschwemmt wird, muss der unkontrollierte Abfluss der Wassermassen nach Einschätzung von Greenpeace in Richtung Stadt und in Richtung der Mulde verhindert werden.
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