Hamburg, 24. 9. 2016 – Neue Wege der öffentlichen Beteiligung an politischen Prozessen, wie sie das Bundesumweltministerium (BMUB) beim Klimaschutzplan 2050 beschritten hat, muss die Bundesregierung künftig ernster nehmen und nicht als „Beruhigungspille“ mit „Ventilfunktion“ missbrauchen. Sonst drohe der Prozess alle Beteiligten zu entmutigen und das bereits beschädigte Vertrauen in die Politik weiter zu untergraben. Das ist das Ergebnis eines Gutachtens des renommierten Sozialwissenschaftler Prof. Dieter Rucht vom Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) im Auftrag von Greenpeace.
Rucht analysierte die öffentliche Beteiligung am Klimaschutzplan 2050 und lobt den vom BMUB aufgesetzten innovativen Prozess als „ehrgeizig“ und „äußerst transparent“. Mit dem derzeitigen Ergebnis jedoch frustriere die Bundesregierung alle Beteiligten. Der vorliegende Entwurf des Klimaschutzplans 2050 enthält nach der Abstimmung mit weiteren Ministerien und dem Kanzleramt kaum noch konkrete Maßnahmen zum Klimaschutz wie sie die Öffentlichkeit gefordert hatte. „Das Abkommen von Paris verlangt, dass wir bis spätestens 2035 aus der Kohle aussteigen. Bundesumweltministerin Hendricks hat das ernst genommen, aber alle anderen Ministerien nicht“, sagt Tobias Münchmeyer, Energie-Experte von Greenpeace. „Der Klimaschutzplan 2050 ist kein Wunschkonzert der Wirtschaftslobby. Wir brauchen konkrete Ziele und Maßnahmen für jeden einzelnen Wirtschaftssektor.“
Am 2. November will das Kabinett den Klimaschutzplan beschließen. Eine letzte Anhörung der Verbände, zu der auch Greenpeace eingeladen ist, soll am kommenden Dienstag stattfinden. Schon jetzt hat die Bundesregierung jedoch klar gemacht, dass sie keine konkreten Aussagen zum Kohleausstieg und zu spezifischen Einsparzielen für einzelne Wirtschaftssektoren treffen wird. Greenpeace und andere Umweltverbände werden daher nicht an der Anhörung teilnehmen. „Der vorliegende Klimaschutzplan ist ein Debakel nicht nur für den Klimaschutz, sondern auch für die Demokratie“, sagt Münchmeyer. „Die notwendigen Maßnahmen liegen auf dem Tisch. Was fehlt, ist der Wille der Kanzlerin, die Klimaziele von Paris in Deutschland umzusetzen.“
Das BMUB hatte nach einem einjährigen Prozess der öffentlichen Beteiligung mit Bürgern, Verbänden, Gewerkschaften und Wissenschaftlern einen ersten Entwurf des Klimaschutzplans mit konkreten Maßnahmen erarbeitet. Nach Abstimmung mit Wirtschaftsministerium und Kanzleramt blieb davon fast nichts übrig. Auch das Verkehrs- und das Landwirtschaftsministerium haben bereits angekündigt, unliebsame Klimaschutzmaßnahmen noch verwässern oder verhindern zu wollen.
Der Klimaschutzplan 2050 soll aufzeigen, wie Deutschland bis Mitte des Jahrhunderts seine Treibhausgasemissionen fast vollständig senken kann. Dieses verlangt auch das im Dezember 2015 beschlossene Weltklimaabkommen, das der Bundestag diese Woche rechtskräftig verabschiedet hat. Nach den Beschlüssen von Paris muss Deutschland deutlich mehr tun, um die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen.
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