München, 28. 6. 2017 – In einem gläsernen Sarg tragen heute Greenpeace-Aktivisten den Dieselmotor symbolisch zu Grabe. Anlass ist ein Spitzentreffen zur Nachrüstung von Dieselautos, zu dem Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) den Autobauer BMW sowie die VW-Töchter Audi und MAN in die Staatskanzlei geladen hat. Von dort führt der Protestzug der Aktivisten durch die Münchner Innenstadt bis zum Deutschen Museum. „Der Diesel hat ausgedient, er gehört als Ingenieurskunst der Vergangenheit ins Museum“, sagt Benjamin Stephan, Greenpeace-Mobilitätsexperte. „Heute wissen wir, dass Diesel krank macht. Die Hersteller sollten sich darauf konzentrieren, saubere Elektrofahrzeuge auf den Markt zu bekommen.“
Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) erwägt angesichts des Gesundheitsrisikos von Dieselmotoren ein Fahrverbot in der Landeshauptstadt. Horst Seehofer hält derweil am schmutzigen Diesel fest und fordert die Hersteller lediglich zu freiwilligen Nachrüstungen auf. „Der Ministerpräsident gefährdet mit diesem Kurs die Gesundheit seiner Mitbürger“, sagt Stephan. „Die Autoindustrie wird wieder versuchen, sich mit billigen und unwirksamen Softwareupdates aus der Affäre zu ziehen. Die Nachrüstung der Betrugsdiesel des VW-Konzerns ist ein mahnendes Beispiel.“ Vor kurzem veröffentlichte VW-Dokumente zeigen, dass die Fahrzeuge auch nach der Nachrüstung die Grenzwerte um ein Vielfaches überschreiten. Greenpeace fordert ein Fahrverbot für Diesel-Autos, die die Grenzwerte im realen Betrieb nicht einhalten. Eine echte Verkehrswende in der Stadt muss zudem auf einem attraktiven Öffentlichen Personennahverkehr und Radwegnetz und sowie gemeinsam genutzten E-Autos fußen.
Bereits 2016 ergaben Messungen von Greenpeace mit der Universität Heidelberg an Münchner Hauptverkehrsstraßen und darauf aufbauende Modellierungen teils sehr hohe Stickstoff-Konzentrationen. Der gesetzlich vorgegebene Jahresgrenzwert von 40 Mikrogramm/Kubikmeter (µg/m³) wurde an einigen Stellen deutlich überschritten, darunter an der Prinzregentenstraße (68,7 µg/m³), am Gasteig (96,3 µg/m³) und am Karlsplatz (70,9 µg/m³). Im Frühjahr 2017 hat Greenpeace während zweiwöchiger Messungen an Münchner Grundschulen erhöhte Stickstoffdioxid-Werte (NO2) festgestellt, beispielsweise an der Grundschule Fürstenrieder Straße (59,9 µg/m³) und der Grundschule Plinganserstraße (67,8 µg/m³).
Stickstoffdioxid ist ein Luftschadstoff. In hoher Konzentration reizt er schon bei kurzem Kontakt die Schleimhäute der Atemwege und Augen. Stickstoffoxide fördern die Bildung von bodennahem Ozon und tragen mit Ammoniak zur Bildung von Feinstaub bei. Eine längere Belastung mit Stickstoffdioxid beeinträchtigt bei Kindern die Ausbildung der Lunge und erhöht das Risiko, an Diabetes und Asthma zu erkranken. Die Europäische Umweltagentur bezeichnet die hohe Luftverschmutzung als das schwerwiegendste umweltbedingte Gesundheitsrisiko in Europa. Für Deutschland rechnet sie mit über 10.000 vorzeitigen Todesfällen durch Stickstoffdioxide.
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