Berlin, 3.8.2017 – Für mehr Engagement von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im weiter schwelenden Abgasskandal protestieren Greenpeace-Aktivisten heute vor Tagesanbruch am Bundeskanzleramt. „Aktenzeichen NOx ungelöst“ projizieren die Umweltschützer in großen Leuchtzeichen zusammen mit der Silhouette der Kanzlerin auf die Fassade. In Anlehnung an eine TV-Serie über unaufgeklärte Verbrechen kritisieren sie das enttäuschende Ergebnis des Dieselgipfels am Vortag. „Der Gipfel hat kein einziges Problem gelöst. Er hat die drohenden Fahrverbote nicht abgewendet, er schützt niemanden vor giftigen Abgasen und bringt die Hersteller nicht dazu, endlich saubere Autos zu bauen“, sagt Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan. „Angela Merkel muss den Dieselskandal in all seinen Konsequenzen nach ihrem Urlaub zur Chefsache machen.“
Beim ihrem Treffen gestern beschlossen Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), mehrere Ministerpräsidenten und Vertretern der Autoindustrie freiwillige Software-Updates für 5,3 Millionen Diesel-Pkw. Ein Großteil der Autos war jedoch schon vor dem Gipfel in die Werkstätten beordert worden. Die Updates sollen den viel zu hohen Ausstoß an gesundheitsschädlichen Stickoxiden (NOx) der Autos um 25 bis 30 Prozent senken. Da selbst moderne Euro-6-Diesel die Stickoxid-Grenzwerte auf der Straße laut Umweltbundesamt (UBA) im Schnitt um das sechsfache überschreiten, ändern die Updates kaum etwas an der Luftbelastung der Städte. „Spätestens mit den nächsten Luftmessdaten werden weitere Betroffene klagen und bereits laufende Verfahren mehr Gewicht bekommen“, so Stephan. „Nachdem die Autoindustrie über Jahre manipuliert und die Bundesregierung ebenso lange wegschaut hat, sind Fahrverbote nunmehr unausweichlich. Ohne eine bundesweite blaue Plakette droht Deutschland ein verkehrspolitischer Flickenteppich unterschiedlicher Regelungen.“
Seit 1990 hat der Verkehr nichts zum Klimaschutz beigetragen. Im Jahr 2016 lagen seine CO2-Emissionen laut UBA sogar 2 Millionen Tonnen über dem Wert von 1990. Um die mit dem Pariser Klimaschutzabkommen festgelegten Ziele zu erreichen, müssen sich vor allem die Autohersteller deutlich mehr anstrengen. Bis zum Jahr 2030 sollen die Emissionen aus dem Verkehr um 40 bis 42 Prozent gegenüber 1990 sinken. So hat es das Kabinett Ende 2016 mit dem Klimaschutzplan 2050 beschlossen. Gelingen kann das nur, wenn die Zahl von gut 45 Millionen Pkw mit Verbrennungsmotor in Deutschland schnell und deutlich sinkt. „Deutschland braucht eine Verkehrswende weg vom klimaschädlichen Verbrennungsmotor, hin zu nachhaltigen Verkehrsformen wie gemeinschaftlich genutzten E-Autos, einem leistungsfähigen ÖPNV und einer gut ausgebauten Rad-Infrastruktur“, so Stephan. „Diesen Wandel muss die Kanzlerin schon heute steuern, mit einem Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor bis zum Jahr 2025.“
Über Greenpeace e.V.
Greenpeace arbeitet international, setzt sich mit direkten, gewaltfreien Aktionen für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen von Mensch und Natur und Gerechtigkeit für alle Lebewesen ein.
Das verwendete Bildmaterial steht 14 Tage nach Veröffentlichung zum Download für Medien zur Verfügung. Lieferbedingungen: keine Weitergabe an Dritte, kein Weiterverkauf, keine Archivierung, nur für redaktionelle Zwecke, Quellenangabe obligatorisch.
Kontaktdaten
-
- Gregor Kessler
- Pressesprecher Mobilität
- gregor.kessler@greenpeace.org
- 0151-72702918
Link kopieren
https://presseportal.greenpeace.de/205300-greenpeace-aktivisten-projizieren-aktenzeichen-nox-ungelost-auf-kanzleramtVerwandte Themen
Verwandte Veröffentlichungen
Greenpeace zur Länder-Forderung eines Infrastrukturfonds
Zur Sanierung der Verkehrsinfrastruktur schlagen die Verkehrsminister:innen der Länder eine langfristige und gesicherte Finanzierung durch einen Infrastrukturfonds vor.
Greenpeace-Recherche: Die Netzwerke der mächtigen deutschen Straßenbaulobby
Greenpeace deckt in seinem neuen Bericht "Asphalt statt Alternativen" die Verflechtungen von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in der deutschen Straßenbaulobby auf, die massiv vom umstrittenen A...
Greenpeace-Datenanalyse: Großer Teil der Privatjetflüge nicht beruflich, sondern zum Vergnügen
Ein große Zahl besonders klimaschädlicher Privatjetflüge findet nicht beruflich sondern zum Vergnügen statt, zeigt eine Datenanalyse im Auftrag von Greenpeace Mittel- und Osteuropa.
Verschobene CO2-Grenzwerte würden Europas Autofahrenden 100 Milliarden Euro höhere Tankkosten aufbürden
Die von der Autolobby und Politikern der FDP und Union geforderte Verschiebung der EU-Flottengrenzwerte würde Autofahrende in Europa mit etwa 100 Milliarden Euro an zusätzlichen Tankkosten belasten.
Greenpeace zur Preiserhöhung beim Deutschlandticket
Das Deutschlandticket soll ab dem kommenden Jahr 9 Euro teurer werden und dann 58 Euro pro Monat kosten.