Paris, 10. 10. 2017 – Hoch radioaktive, abgebrannte Brennelemente sind in französischen und belgischen Atomkraftwerken unzureichend geschützt. Das belegt eine Studie, die Greenpeace-Frankreich heute in Paris den Behörden vorlegt. Darin bewerten sieben unabhängige Sicherheitsexperten, wie alle 58 französischen und sieben belgischen Atomkraftwerke geschützt sind. Dabei wurden vier AKW in Frankreich, darunter Cattenom und Fessenheim sowie die Reaktoren im belgischen Tihange und Doel gesondert untersucht. Die aus Sicherheitsgründen nicht öffentlich zugängliche Studie belegt: Abklingbecken für abgebrannte Brennelemente, in denen die höchste radioaktive Strahlung in einem Atomkraftwerk anfällt, sind kaum geschützt. Läuft das Kühlwasser aus den Becken aus, werden große Mengen Radioaktivität freigesetzt. „Statt mit viel Geld und Aufwand an oft uralten AKW herumzudoktern, müssen Frankreich und Belgien endlich den Ausstieg aus der Risikotechnologie einleiten“, sagt Heinz Smital, Atomexperte von Greenpeace in Deutschland. „Die untersuchten Atommeiler gefährden Menschen in ganz Europa.“
Sicherheitskonzepte bei Atomreaktoren konzentrieren sich überwiegend auf den Reaktor. Die Abklingbecken werden hingegen kaum betrachtet, obwohl spätestens seit dem Atomunfall von Fukushima klar ist, dass diese eine große Gefahr darstellen können. In Japan bestand nach der Explosion in den Reaktoren die Gefahr, dass auch die Abklingbecken trockenfallen. Wochenlang versuchten die Behörden 2011 einen Ausfall der Wasserkühlung und dadurch eine zusätzliche radioaktive Verseuchung zu verhindern. Wäre die Radioaktivität der abgebrannten Brennstäbe in die Umwelt gelangt, hätten laut damals amtierendem Regierungschef Naoto Kan bis zu 50 Millionen Menschen im Großraum Tokio evakuiert werden müssen.
Deutschland hat alte Atomreaktoren unmittelbar nach der Katastrophe von Fukushima aus Sicherheitsgründen stillgelegt. Damit ist auch die Anzahl der Abklingbecken reduziert worden. Grenznahe Reaktoren in Ländern wie Frankreich und Belgien gefährden jedoch weiterhin auch die deutsche Bevölkerung. Das französische Kraftwerk Fessenheim liegt rund 25 Kilometer von Freiburg entfernt. Von den belgischen Reaktoren in Tihange sind es rund 60 Kilometer bis Aachen. In beiden Ballungsräumen wissen die Behörden um die Gefahr.
Greenpeace hat Informationen zu den betroffenen AKW in öffentlichen Quellen recherchiert. Auf Grund der brisanten Ergebnisse macht Greenpeace Frankreich die Details lediglich den dortigen Behörden zugänglich. „Wir wollen das Risiko für die Bevölkerung nicht noch größer machen, als es ohnehin schon ist. Jetzt müssen die Behörden für die Sicherheit der Menschen sorgen. Der wirksamste Schritt dafür ist, Atomkraftwerke abzuschalten“, so Smital.
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