Das ist das Ergebnis einer Laboranalyse von 15 Gülleproben aus Schweineställen in fünf Bundesländern. Zwölf der 15 Proben enthielten Bakterien mit Resistenzen gegen Antibiotika, in elf Proben ließen sich Bakterien mit Resistenz gegen Colistin nachweisen. Colistin ist als Reserveantibiotikum eines der letzten Mittel gegen bestimmte Infektionskrankheiten beim Menschen. „Es ist unverantwortlich, Antibiotika und resistente Keime über die Gülle großflächig auf Äckern zu verteilen“, sagt Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Dirk Zimmermann. „Damit steigt das Risiko, dass Bakterien oder ihre Resistenzen Menschen erreichen und die Behandlung von Infektionen erschweren oder gar unmöglich machen. Reserveantibiotika wie Colistin müssen endlich aus der Tierhaltung verbannt werden.“
Die Proben sind Greenpeace in den vergangenen Monaten zugespielt worden. Sie stammen aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Thüringen. Greenpeace prüfte die Angaben zu Ort und Zeit der Probenahmen und beauftragte ein Labor mit der Untersuchung. Das Ergebnis dieser Stichprobe wirft ein Schlaglicht auf eine besorgniserregende Entwicklung, die auch den Kampf gegen Pandemien erschweren kann. Zwar wirken Antibiotika nicht gegen Viren wie das Coronavirus. Aber Virusinfektionen werden oft von bakteriellen Infektionen begleitet. Und Bakterien können ebenfalls Auslöser von Epidemien sein – wie etwa Tuberkulose - die bislang dank Antibiotika noch beherrschbar sind.
Nach Angaben der EU-Kommission sterben schon jetzt allein in Europa jährlich etwa 33.000 Menschen an Infektionen mit antibiotikaresistenten Keimen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt vor einem „postantibiotischen Zeitalter“, in dem Medikamente gegen bakterielle Infektionen auf breiter Front nicht mehr wirken, und fordert ein entschiedenes Vorgehen gegen zunehmende Resistenzen. In den Tierställen in Deutschland wurde in den Jahren 2011 bis 2018 zwar die Gesamtmenge eingesetzter Antibiotika von 1706 Tonnen auf 722 Tonnen gesenkt. Doch diese Entwicklung ist inzwischen ins Stocken geraten und bei besonders wichtigen Wirkstoffen ist der Rückgang weniger deutlich.
Würden Tiere wie in der ökologischen Landwirtschaft artgerecht auf mehr Fläche gehalten, könnten Antibiotika gezielter in viel geringeren Mengen eingesetzt werden. Damit wäre das Risiko geringer, dass Bakterien in den Ställen Resistenzen entwickeln. „Schlechte Haltungsbedingungen dürfen nicht länger durch Medikamente ausgeglichen werden“, sagt Zimmermann. „Die Tierhaltung muss dringend umgestellt werde, sonst droht die globale Bedrohung durch Antibiotikaresistenzen außer Kontrolle zu geraten.“
Über Greenpeace e.V.
Greenpeace arbeitet international, setzt sich mit direkten, gewaltfreien Aktionen für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen von Mensch und Natur und Gerechtigkeit für alle Lebewesen ein.
Das verwendete Bildmaterial steht 14 Tage nach Veröffentlichung zum Download für Medien zur Verfügung. Lieferbedingungen: keine Weitergabe an Dritte, kein Weiterverkauf, keine Archivierung, nur für redaktionelle Zwecke, Quellenangabe obligatorisch.
Kontaktdaten
-
- Matthias Lambrecht
- Experte für Agrarwende
- matthias.lambrecht@greenpeace.org
- 0151-42433135
Verwandte Themen
Verwandte Veröffentlichungen
Greenpeace-Molkerei-Ranking: Weidemilch bleibt Nischenprodukt
Die zweite Molkerei-Abfrage von Greenpeace zeigt, dass die Molkereien weiter hauptsächlich Milch verarbeiten, die von Kühen stammt, die das ganze Jahr im Stall stehen.
Greenpeace-Stellungnahme zum heute vom BMEL vorgestellten Erntebericht 2024
Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Matthias Lambrecht fordert von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir mehr Einsatz für Klimaanpassungen in der Landwirtschaft, statt erneut vor der Agrarlobby ...
Supermarkt-Check von Greenpeace: Kleine Fortschritte auf dem Weg zu Fleisch aus besserer Haltung
Die großen Lebensmittelhändler haben den Anteil an Billigfleisch in ihrem Sortiment schneller als im Vorjahr reduziert. Dennoch macht Fleisch aus den schlechtesten Haltungsformen 1 und 2 trotz des ...
Greenpeace und Vier Pfoten fordern von Bundesländern sofortiges Verbot der Anbindehaltung
Vor der heutigen Abstimmung des Bundesrats demonstrieren Greenpeace und Vier Pfoten vor dem Gebäude mit zwei Meter hohen Fotowänden für ein komplettes Verbot der tierquälerischen Anbindehaltung.
Stellungnahme
Der Bundesrat hat gravierende Änderungen der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung am heutigen Freitag abgelehnt und sie in weiten Teilen unverändert verlängert.