Hamburg, 22.05.2020 – Die Bundesregierung verhindert nicht, dass europäische Unternehmen bienengiftige und EU-weit nicht zugelassene Pestizidwirkstoffe nach Brasilien exportieren und dort vertreiben.
Das zeigt eine Untersuchung von Greenpeace anlässlich des heutigen Tages der Artenvielfalt. Pestizide sind ein wesentlicher Bestandteil der industrialisierten Landwirtschaft, die wiederum für den Verlust der Artenvielfalt mitverantwortlich ist. Laut der Analyse sind beispielsweise deutlich mehr als die Hälfte der Wirkstoffe, die Bayer und BASF in Brasilien vertreiben, als hochgefährliche Pestizide eingestuft und in der EU teils nicht zugelassen. Beispiele sind die stark bienengefährlichen Wirkstoffe Fipronil, Imidacloprid und Chlorpyrifos (weitere Informationen hierzu: https://bit.ly/3e7gGQL). “Diese Mittel sind Gift für die Biodiversität”, sagt Jürgen Knirsch, Greenpeace-Experte für Handelsthemen. “Deshalb sind sie in Europa nicht mehr auf dem Markt. Doch die EU betreibt ein doppeltes Spiel: Was hier zu gefährlich ist, kann in Brasilien offenbar trotzdem noch aufs Feld kommen – Hauptsache, der Profit stimmt.”
Brasilien ist von immenser Bedeutung für die biologische Artenvielfalt, aber gleichzeitig einer der größten Pestizidverbraucher weltweit. Tendenz stark steigend. “Brasiliens Präsident Bolsonaro schert sich weder um den Erhalt der Artenvielfalt, noch um den Schutz des Klimas oder um die Gesundheit der Menschen. Deshalb braucht es politische Lösungen”, so Knirsch. “Greenpeace fordert deshalb eine nachhaltige Handelspolitik mit verbindlichen Regeln zum Klima- und Artenschutz, zum Schutz der Menschenrechte und der Kernarbeitsnormen.”
Die EU hat mit den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay jedoch ein Handelsabkommen verhandelt, das viele soziale und Umwelt-Probleme in diesen Ländern verschärfen würde. So sollen die Mercosurländer– laut dem derzeit im Ratifizierungsprozess befindlichen Abkommen– beispielsweise größere Mengen Rind- und Hühnerfleisch zu vorteilhaften Zollbedingungen in die EU exportieren dürfen. Das würde den Bedarf nach Futtersoja erhöhen – welches unter Einsatz hochgiftiger Pestizidwirkstoffe wie Chlorpyrifos und Fipronil angebaut wird. Diese wiederum exportieren europäische Unternehmen nach Südamerika, obwohl sie hier nicht mehr zugelassen sind.
Durch das Abkommen sollen zudem die bisher bestehenden Zölle auf die Pestizide wegfallen, wodurch der Absatz wohl weiter steigen wird. Dabei ist die Artenvielfalt schon jetzt massiv unter Druck; beispielsweise verendeten allein im Januar 2019 50 Millionen Bienen im brasilianischen Bundesstaat Santa Catarina an den im Soja-Anbau eingesetzten Pestiziden.
In Europa wächst der Widerstand gegen das Mercosur-Abkommen. Doch während Länder wie Österreich und Frankreich Nachbesserungen fordern, drängt ausgerechnet Deutschland auf die baldige Ratifizierung. “Wenn Deutschland das Abkommen in seiner jetzigen Form nicht stoppt, wäre es Belohnung und Bestätigung für Bolsonaro, der den Umweltschutz mit Füßen tritt”, fasst Knirsch zusammen. “Mit der EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr hat die Bundesregierung die Möglichkeiten zum Handeln.”
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