Hamburg, 19.7. 2020 – Deutschland hat in den vergangenen 30 Jahren systematisch gegen den Gemeinsamen Standpunkt der Europäischen Union zu Rüstungsexporten verstoßen. Zu diesem Ergebnis kommt eine von Greenpeace beauftragte Studie des Leibniz-Instituts Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK).
Die Studie bilanziert – erstmals überhaupt – die deutsche Rüstungsexportpraxis seit 1990 und dokumentiert eine Vielzahl von Fällen, in denen mit deutschen Waffen Kriege geführt und schwere Menschenrechtsverletzungen begangen wurden (https://act.gp/3h9ZfR2). „Deutsche Waffen tauchen systematisch in Kriegsgebieten und in den Händen von Diktatoren auf. Wir brauchen dringend ein strenges Rüstungsexportgesetz, das den Export in Drittstaaten verbietet und diese bewusste, systematische Aushöhlung der der Exportrichtlinien beendet“, sagt Alexander Lurz, Greenpeace-Abrüstungsexperte.
Die Studie zeigt, wie Deutschland innerhalb der vergangenen drei Jahrzehnte in großem Stil gegen alle acht der Kriterien des Gemeinsamen Standpunkts der EU verstoßen hat. Das Regelwerk dient seit 1998 als Verhaltenskodex bezüglich der Entscheidung über Rüstungsexporte. Besonders brisant bewertet Autorin und Friedensforscherin Simone Wisotzki die Kluft zwischen rechtlichem Anspruch und politischer Praxis im Umgang mit Rüstungsexporten in Drittstaaten. Zu Drittstaaten gehören Länder wie Myanmar oder Saudi-Arabien, die weder der EU noch der Nato angehören. So wurden etwa im September 2014 Studierende in Mexiko mit aus Deutschland gelieferten G-36-Sturmgewehren von mexikanischen Polizisten erschossen. Aktuell werden noch immer Mitglieder der Jemen-Kriegskoalition mit deutschen Waffen ausgestattet.
Laut Analyse sind Rüstungsexporte an Drittstaaten aus Deutschland zum Regelfall geworden – allein in den vergangenen zehn Jahren gingen wiederholt bis zu 60 Prozent der gesamten Exporte deutscher Kriegswaffen und Rüstungsgüter in Drittstaaten. Die für Rüstungsexporte zuständigen Minister und Ministerinnen geben seit Jahrzehnten vor, eine restriktive Rüstungsexportpolitik zu betreiben. Die Studie belegt jedoch das Gegenteil: Vertreter und Vertreterinnen aller Parteien (CDU, SPD, Bündnis 90/die Grünen, FDP) haben in der jeweiligen Regierungsverantwortung Rüstungsexporte in Drittländer, Kriegs- und Krisenregionen ermöglicht, gefördert und teils selbst veranlasst. „Einmal gelieferte Kriegswaffen und Rüstungsgüter aus Deutschland haben häufig dramatische Auswirkungen. Sehenden Auges exportiert die Bundesregierung in unruhige Regionen und instabile Länder, wo deutsche Waffen in blutigen Bürgerkriegen oder zur Niederschlagung friedlicher Proteste eingesetzt werden“, sagt Lurz.
Greenpeace Deutschland fordert ein rechtlich bindendes, ausnahmsloses Verbot von Rüstungsexporten an Drittländer, in Konfliktregionen und an Länder, in denen Menschenrechte verletzt werden. Das betrifft unter anderem Exporte an Länder wie Mexiko, Iran, Saudi-Arabien und Myanmar.
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