Hamburg, 18. 11. 2020 – Antibiotikaresistente Keime und Antibiotika gelangen mit belasteter Gülle aus Regionen mit intensiver Tierhaltung in weit entfernte Gebiete. Das ist das Ergebnis einer heute veröffentlichten Greenpeace-Recherche, die Gülleproben aus Schweineställen in Niedersachsen analysiert und Transportfahrten erfasst hat (alle Ergebnisse: https://bit.ly/3pAareB).
Alle elf untersuchten Proben enthielten Antibiotikarückstände, sieben wiesen (multi-)resistente Keime auf. Die 86 nachverfolgten Gülletransporte liefen im Durchschnitt über eine Distanz von etwa 220 Kilometern, häufig bis in andere Bundesländer. „Die Transporte aus den Schweinemastanlagen verbreiten Resistenzen gegen überlebenswichtige Antibiotika. Damit wächst die Gefahr, dass Infektionskrankheiten immer schwerer zu behandeln sind“, sagt Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Dirk Zimmermann. „Diese unverantwortliche Streuung der Risiken der industriellen Tierhaltung kann nicht die Lösung für die Überproduktion von Billigfleisch und Gülle sein. Nur wenn weniger Tiere besser gehalten werden, lässt sich die Gülleflut stoppen und der Einsatz von Antibiotika in den Mastanlagen weiter wirksam reduzieren.“
Die Gülleproben sind Greenpeace im Mai und Juni 2020 zugespielt worden. Alle Proben wurden in Orten mit intensiver Schweinehaltung in Niedersachsen, wie etwa Cloppenburg, genommen. Greenpeace prüfte die Angaben zu Ort und Zeit der Probenahmen und beauftragte ein Labor mit der Untersuchung. Zwischen Februar und Juni sammelten RechercheurInnen von Greenpeace die Daten zu den Gülletransporten.
Die enormen Mengen Gülle aus der intensiven Tierhaltung werden zunehmend zu einem Problemstoff. Überdüngung belastet das Grundwasser, Flüsse und Seen mit gefährlichem Nitrat. Vielerorts liegen die Messwerte über den EU-Vorgaben. In diesem Jahr wurde die Düngeverordnung erneut verschärft. Damit steigt in Gebieten mit intensiver Tierhaltung der Druck, Gülle auf andere, bislang weniger belastete Regionen zu verteilen. Angesichts der sich in Brandenburg und Sachsen unter Wildschweinen ausbreitenden Afrikanischen Schweinepest erscheint die überregionale Verteilung der Gülle noch fragwürdiger: „Gelangt der Erreger in Schweineställe, droht mit den Gülletransporten eine schnelle Verbreitung. Sie müssten dann umgehend gestoppt werden“, sagt Zimmermann. Damit ständen Regionen mit intensiver Tierhaltung vor ungelösten Entsorgungsproblemen.
Greenpeace fordert, in den Betrieben nur so viele Tiere zu halten, wie mit Futtermitteln von der eigenen Fläche ernährt werden können, sowie ein Verbot von Reserve-Antibiotika in der Tierhaltung. Statt Güllelager und Aufbereitungsanlagen zu fördern, sollten öffentliche Gelder in den Ab- und Umbau der Tierhaltung fließen.
Über Greenpeace e.V.
Greenpeace arbeitet international, setzt sich mit direkten, gewaltfreien Aktionen für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen von Mensch und Natur und Gerechtigkeit für alle Lebewesen ein.
Das verwendete Bildmaterial steht 14 Tage nach Veröffentlichung zum Download für Medien zur Verfügung. Lieferbedingungen: keine Weitergabe an Dritte, kein Weiterverkauf, keine Archivierung, nur für redaktionelle Zwecke, Quellenangabe obligatorisch.
Kontaktdaten
-
- Matthias Lambrecht
- Experte für Agrarwende
- matthias.lambrecht@greenpeace.org
- 0151-42433135
Link kopieren
https://presseportal.greenpeace.de/204424-greenpeace-recherche-gulletransporte-verteilen-gefahrliche-erreger-uber-die-republikVerwandte Themen
Verwandte Veröffentlichungen
Greenpeace-Molkerei-Ranking: Weidemilch bleibt Nischenprodukt
Die zweite Molkerei-Abfrage von Greenpeace zeigt, dass die Molkereien weiter hauptsächlich Milch verarbeiten, die von Kühen stammt, die das ganze Jahr im Stall stehen.
Greenpeace-Stellungnahme zum heute vom BMEL vorgestellten Erntebericht 2024
Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Matthias Lambrecht fordert von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir mehr Einsatz für Klimaanpassungen in der Landwirtschaft, statt erneut vor der Agrarlobby ...
Supermarkt-Check von Greenpeace: Kleine Fortschritte auf dem Weg zu Fleisch aus besserer Haltung
Die großen Lebensmittelhändler haben den Anteil an Billigfleisch in ihrem Sortiment schneller als im Vorjahr reduziert. Dennoch macht Fleisch aus den schlechtesten Haltungsformen 1 und 2 trotz des ...
Greenpeace und Vier Pfoten fordern von Bundesländern sofortiges Verbot der Anbindehaltung
Vor der heutigen Abstimmung des Bundesrats demonstrieren Greenpeace und Vier Pfoten vor dem Gebäude mit zwei Meter hohen Fotowänden für ein komplettes Verbot der tierquälerischen Anbindehaltung.
Stellungnahme
Der Bundesrat hat gravierende Änderungen der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung am heutigen Freitag abgelehnt und sie in weiten Teilen unverändert verlängert.